Regiment

[655] Regiment heißt bei den europ. Heeren eine Truppenabtheilung, welche beim Fußvolke in mehre Bataillons (s.d.), bei der Reiterei in mehre Escadrons oder Schwadronen zerfällt, und ihren Grund hauptsächlich in der Verwaltung und Disciplin hat, welche dadurch erleichtert werden. Jedes Regiment steht gewöhnlich unter dem Befehl eines Obersten und wurde sonst auch nach diesem, jetzt nach Nummern und ihren sogenannten obersten Inhabern oder Chefs benannt, die gewöhnlich ausgezeichnete Generale oder fürstliche Personen sind, wie z.B. der Kaiser von Rußland Inhaber eines Regiments in der östr. Armee ist, welche Verleihungen sich die regierenden Herren gegenseitig als Zeichen von gutem Vernehmen und der Artigkeit machen. In Deutschland sind die ersten Regimenter zu Anfang des 16. Jahrh. durch Vereinigung mehrer Compagnien von Landsknechten unter einem Feldobersten, oder indem diesem aufgetragen ward, »ein Regiment aufzurichten«, d.h. zu werben, aufgestellt worden. Ein solches Regiment war aber damals, wo man den Soldatenstand auch das Kriegshandwerk nannte, eigentlich nur eine auf bestimmte Zeit unter festgesetzten Bedingungen freiwillig zusammengetretene Zunft oder Genossenschaft von Kriegern, um für Sold wider die Feinde eines Fürsten zu streiten. Noch zwang kein Gesetz die für ihre Person freien Bürgers- und Bauersleute zum Kriegsdienste, sondern sie gaben sich von selbst dazu her, wo Lohn und Beute zur Aussicht war, doch nicht, ohne auch im Feldlager sich vor Unbilden durch ähnliche Bürgschaften zu sichern, wie die Verfassung der Zünfte und Genossenschaft ihnen daheim gewährten. Diese waren im sogenannten Artikelsbriefe oder Rechtsbrauche enthalten, welcher besagte, wie der Fürst sein Kriegsvolk behandelt wissen wollte und über welchen der Oberst sich mit den Kriegsleuten noch besonders verständigte. Der Schultheiß, welcher ungefähr die Stelle der jetzigen Auditeure (s.d.) vertrat und ein im bürgerlichen und peinlichen Recht erfahrener, achtbarer und tapferer Kriegsmann sein mußte, wählte zwölf passende Gerichtsmänner und einen Schreiber aus dem Regimente, mit denen er alle Händel über Geld und Gut und was mehr in die bürgerlichen Verhältnisse einschlug, öffentlich nach dem angenommenen Rechtsbrauche schlichtete. Außerordentlich feierlich war die Gerichtssitzung, wenn es sich um schwere Dienstvergehungen handelte, und dann wurden alle Hauptleute, Fähnriche und Feldwebel berufen, derselben beizuwohnen. Das Verfahren selbst sicherte auch den gemeinen Mann unter gewöhnlichen Umständen gegen tyrannisches Benehmen der Befehlshaber und zu Karl X. Zeit besaßen die deutschen Landsknechte das Recht, öffentlich und von ihres Gleichen gerichtet zu werden, was auch eine von den in der Magna charta (s.d.) enthaltenen Hauptbürgschaften der engl. Freiheit ist. Bei der Reiterei fand die Errichtung von Regimentern erst später statt, und Frankreich scheint darin vorangegangen zu sein. – Eigentlich bedeutet Regiment so viel wie Regierung und man jagte daher sonst häufig, es führe ein Fürst ein gutes oder schlimmes Regiment; auch redet man von einem Weiber- oder Pantoffelregiment, das an einem Hofe herrsche, wenn Frauen unrechtmäßigen Einfluß auf die Regierungsangelegenheiten haben, wendet aber denselben Ausdruck auch auf Privatverhältnisse an.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 655.
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