Upas

[536] Upas heißt in Ostindien Gift, und Bohun Upas sollte zufolge der seit 1783 bekannt gewordenen Angabe eines holländ. Wundarztes, übereinstimmend mit frühern sagenhaften Nachrichten, ein Giftbaum sein, welcher auf Java in einem tiefen, von Felsen umgebenen Thale wachse und auf halbe Stunden und weiter in der Richtung des von ihm herwehenden Windes die Atmosphäre durch seine Ausdünstungen vergifte. Das giftige Harz oder der Saft desselben werde daher auch nur von dazu verurtheilten Verbrechern geholt, welche sich das Gesicht sorgfältig vermummten und jede mögliche Vorsicht anwendeten, allem doch größtentheils bei ihrem Vorhaben umkämen, daher jenes Thal mit den Gebeinen derselben wie besäet sei. Durch engl. Forscher wurde jedoch die Unwahrheit dieser Nebenumstände später dargethan und der Giftbaum, von welchem das mit Bohun Upas gleichbedeutende Upas antshar geheißene Gift auf Java herkommt, beschrieben. Dieser besonders im östl. Theile von Java vorkommende Baum (Antiaris toxicaria) wird bis gegen 80 F. hoch, hat einen geraden, runden, bis nahe am Gipfel astlosen Stamm, breitet sich aber in der Nähe der Wurzel in zahlreichen Schößlingen aus und ist mit einer dicken, weißen Rinde bedeckt. Auf das Gedeihen von andern Pflanzen in seiner Nähe hat er keinen Einfluß, und nur wenn die Rinde desselben verletzt wird, fließt ein milchiger Saft aus. Unter Zusatz von Zwiebeln, Knoblauchsaft, Pfeffer und einigen andern Gewürzen wird daraus jenes gefährliche Gift bereitet, in welches die Eingeborenen von Macassar, Borneo und den Inseln des ind. Archipels ihre Pfeile und Dolche tauchen, mit denen die geringste Verwundung tödtlich ist. Ein ebenso verderbliches Gift, Upas tieuté oder Upas tscheltik, wird von ihnen aus der armsstarken Wurzel eines rankenden Strauches (Strychnos Tieuté) durch Auskochen derselben und Beimischung einiger anderer Pflanzenstoffe erhalten. Die Spitzen der vergifteten Pfeile bestehen aus kleinen Haifischzähnen, dünnen und locker befestigten Kupferblättchen oder sind überhaupt sehr sein und nadelförmig zugespitzt, sodaß sie eine sehr kleine, daher wenig blutende Wunde machen und leicht abbrechen und theilweise darin zurückbleiben.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 536.
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