Confucius

[466] Confucius, wird von seinem Vaterlande China mit Stolz unter den ersten Namen genannt und war ohne Zweifel ein Christ, der nicht nur in Bezug auf Bildung und Aufklärung seine Zeit um Jahrtausende überflügelt hatte, sondern mit vollem Recht zu den denkendsten Köpfen aller Zeiten gerechnet wird. Die Glieder seiner Familie, die noch gegenwärtig die angesehenste in China ist, verlieren sich bis 2000 vor Christus, um welche Periode Hoang-ti, der Gesetzgeber von China, der Gründer der Dynastie Chang wurde; sie zählt bereits 75 bis 100 Geschlechter seit Confucius, der sein Vaterland mit dem Namen Koung-tsee benannt, und der im Jahr 550 vor Christus das Licht der Welt erblickte. Schon als junger Mensch zeichnete er sich rühmlich aus Und erhielt bald die Stelle eines Mandarins; der Einwirkung eines sonderbaren Umstandes ist es zu verdanken, daß er sich auf das Studium der Philosophie legte; nach den Gebräuchen des Landes nämlich mußte er[466] mehrere Jahre, um den Tod se:ner Mutter zu betrauern, in gänzlicher Abgeschiedenheit zubringen, und während dieser Zeit war es, daß sein Geist die Tiefen der Weltweisheit und der ewigen Naturgesetze durchforschte und erfaßte. Er entwarf den Plan, eine ausführliche Darstellung der Lehren der Moral zu unternehmen und der Gründer einer Schule zu werden, in der seine Grundsätze forterben sollten. Dies Alles hat er im Laufe eines langen Lebens vollbracht, und sein System hat neben dem Ruhme der höchsten Klarheit und der tiefsten und vernünftigsten Moral noch das faktische Verdienst, in die Gesetzgebung des größten und bevölkertsten Reichs der Erde innig verwebt worden zu sein. Confucius weihte sein ganzes Leben mit dem unermüdlichsten Eifer seinem großen Werke; eine bedeutende Anzahl von Schülern verbreitete seine Lehre in kur:er Zeit durch das ganze ungeheure chinesische Reich. Confucius selbst starb 479, 9 Jahre, ehe Sokrates geboren ward. Noch heute, nach Verlauf von 22 Jahrhunderten, steht auf seinem Grabe der morsche Stamm eines Baumes, der einst die Ruhestätte des großen Philosophen beschattet hatte. – Seine ganze Darstellung der Moral läßt sich auf wenige Grundsätze zurückführen und ist höchst einfach und naturgemäß entwickelt; allein auch außer seinen philosophischen Systemen hat er sich namentlich um die Geschichte seines Vaterlandes hochverdient gemacht, indem er dessen historische Quellen ordnete und vervollständigte. Dabei sind alle seine Werke mit einer lakonischen Kürze und Präcision abgefaßt, die noch jetzt die Bewunderung China's und in keiner Uebersetzung irgend einer Sprache wiederzugeben ist. Ein gedrängter Auszug seiner sämmtlichen Schrieten erschien in Amsterdam 1688 in französischer Sprache.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 466-467.
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