Demuth

[109] Demuth, ist (dem Wortbegriffe nach) der Muth sich zu [109] beugen, die Kraft der Selbstverläugnung, die schweigende Anerkennung eigener Unzulänglichkeit gegen höhere Macht, Ergebung in Bestimmtes, Unvermeidliches, Größeres. Demuth ist die holde Schwester der Religion, mit dem Blicke nach Oben, gefalteten Armen über dem Herzen, gesenktem Haupte. Sie ist vor Allem eine weibliche Tugend, wenn Ausdauer eine männliche ist. Sie ist verwandt mit den edelsten Gefühlen, die das Menschenleben schmücken und beglücken; mit der Ehrfurcht vor dem Ewigen, Unantastbaren, Unveränderlichen, mit der Tugend, dieser rastlosen Streiterin auf dem Schlachtfelde der Leidenschaften, mit der Unschuld, diesem Kinde, das mit halbverschlossenen Augen im Garten der Schöpfung unter Blumen neben Schlangen unversehrt, unter Blitz und Donner unberührt hinwandelt, gottgefällig. Christus ist das erhabenste, Maria das holdeste Beispiel der Demuth, wie sie sein soll, vor Gott, vor der Natur und der Menschheit.

B–l.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 3. [o.O.] 1835, S. 109-110.
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