Eismeer

[305] Eismeer. So nennt man die beiden Meere, welche den Nord- und den Südpol umgeben. Ihre Mittelpunkte sind noch unbekannt, obschon man im nördlichen Eismeere, das ungleich größern Theils, als das südliche von Land, und zwar von den Küsten der drei Welttheile, Europa,. Asien und Amerika, eingeschlossen ist, den 80. Grad nördlicher Breite gewonnen hat. In den letzten Jahren haben die Expeditionen, welche zuerst Capt. Parry und dann Capt. Roß, an der Nordküste von Amerika unternahmen, allgemeine Aufmerksamkeit erregt; allein selbst den großartigsten Mitteln beider Ausrüstungen und den undenklichen Anstrengungen ihrer Befehlshaber blieb ein weiteres Vordringen unmöglich, und demnach die Aufgabe der sogenannten nordwestlichen Durchfahrt ungelöst. Weiterhin von Island, Grönland und Amerika ist das Eismeer[305] durch die Behringsstraße (s. d.) mit der Südsee (s. d.) verbunden, begrenzt Asien in seiner ganzen Längenausdehnung, Europa im weißen Meere und an den Küsten von Lappland und Norwegen, bis es an das atlantische Meer stößt. Wir Europäer verstehen unter dem Namen Eismeer gewöhnlich nur den zwischen Island, Grönland und dem Pol befindlichen Theil desselben, wohin sich die Wallfischfänger, die Heringsfahrer und Stockfischjäger alljährlich begeben, um nächst diesen Fischen den Wallrath, das Fischbein, die Zähne des Wallrosses und das Fell des Seehundes zu uns zu bringen. Mit welchen Hindernissen und Gefahren die Nordpolfahrer zu kämpfen haben, davon sind wir unvermögend, uns einen ausreichenden Begriff zu machen; wir bewundern auf bildlichen Darstellungen oder in Schilderungen die malerischen Uferansichten der landschaftlichen Theile des Eismeers, heimathlose Eisfelsen, von der Morgensonne geröthet, oder blaßgrün schimmernd, oder im blendenden Feuer funkelnd, wenn das Nordlicht seine glühenden Strahlen über das sternenbesäete dunkle Himmelsgewölbe wirft; allein alle diese Wunder werden für diejenigen, welche sich mitten unter ihnen befinden, zu den furchtbarsten Schrecken. – Den Namen Eismeer führt auch ein merkwürdiger Gletscher im Chamounithal (s. d.) der jedoch unter der französischen Benennung Mer de glace bekannter ist, und dem Fluß Arve, welcher durch Chamouni fließt, seinen Ursprung gibt.

V.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 3. [o.O.] 1835, S. 305-306.
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