Embonpoint

[392] Embonpoint, Wohlbeleibtheit, ist eine Folge der Fettbildung im menschlichen Körper, wodurch die vorstehenden Knochen und Muskeln verdeckt werden, die reichlich mit Fett unterlegte Haut sich über den Erhabenheiten glatt ausspannt und die Höhlungen ausfüllt. Die Fettbildung entsteht erst nach der Geburt, wo sie bald im hohen Grade vorhanden ist, vermindert sich in der Periode des Wachsthums und stellt sich erst in der spätern Jugendzeit wieder ein, früher inzwischen bei dem weiblichen als bei dem männlichen Geschlechte. Daß man das weibliche Geschlecht auch das schöne nennt, haben die Frauen dieser gesunden Ernährung ihres Körpers zu danken, welche den Formen die gefällige Rundung, Weichheit und Elasticität gibt, ohne welche die Schönheit nicht gedacht werden kann. Eine natürliche, die Grundform der schönen menschlichen Gestalt nicht störend verbergende Fettbildung ist eine Folge der gleichmäßig gesunden Ernährung des Körpers, und gewissermaßen ein Vorrath für die Zeiten der Noth, wie dieß bei Krankheiten der Fall ist, wo das Fett verschwindet, weil es in die Säftemasse geführt wird, um in Ermangelung der Nahrung zur Erhaltung des Körpers zu dienen. Der mit einem viel schnelleren Ernährungsprozeß begabte weibliche Körper setzt das Fett leicht an, verliert es bald, erzeugt es aber eben so schnell wieder. Im Allgemeinen befördert ein ruhiges Leben, gute, aber einfache Kost, ein guter Magen, Thätigkeit am Tage, ruhige Nächte das Embonpoint; während Trägheit, vieles Essen, langer Schlaf, reichlicher Genuß des Bieres, Zuckerwassers, der Chocolade, und Gleichgültigkeit oder große Gemüthsruhe dasselbe über die Gebühr steigern. Vieles Essen allein macht nicht stark, wenn die Verdauung nicht gut[392] ist. Alles, was die Verdauung beeinträchtigt, schmälert auch die Fettbildung und den ersten Rang unter den Schädlichkeiten nehmen die Gemüthsbewegungen und Leidenschaften ein. Sorge, Gram, Aerger, unglückliche Liebe, Alles, was Herzklopfen erregt und den Pulsschlag fieberhaft beschleunigt, zehrt das Fett auf oder hindert die Bildung desselben, und es gehören Gemüthsruhe, stille Ergebenheit zu den wesentlichsten Schönheitsmitteln. Zu Wohlbeleibten ist der Genuß grüner Gemüße, des Salates, der Limonade, des Essigs in Wasser, Vermeidung der Fleischspeisen, starke Bewegung, besonders im Sonnenschein, kalte Fluß- und Seebäder, Reibungen des ganzen Körpers mit Flanell, Gymnastik, Tanzen, zu empfehlen. Sie müssen mit vorgestreckter Brust tief athmen, weil beschränktes Athmen die Fettbildung zu begünstigen scheint, auf hartem Lager, am besten auf Stroh und nicht lange schlafen, öfters Bittersalz, Bitterwasser, eine Abkochung der Sennesblätter oder Karlsbader Wasser bei karger Nahrung gebrauchen.

D.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 3. [o.O.] 1835, S. 392-393.
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