Kalmücken

[45] Kalmücken, ein Hauptzweig des mongolischen Völkerstammes, der sich über die Steppen und Gebirge der Bucharei, Mongolei und des südlichen Sibiriens, vom asiatischen Rußland bis an die chinesische Grenze ausdehnt. Sie leben theils selbstständig, theils unter russischer und chinesischer Herrschaft. 12,000 Familien: die russichen Kalmücken wohnen jetzt zwischen dem Don, der Wolga und Xumma, in den Gouvernements Kasan, Astrachan und Orenburg. Sie sind Nomaden, gewöhnen sich aber nach und nach an feste Wohnsitze und europäische Kultur. Der Kalmücke ist untersetzt, von starkem Gliederbau, dabei muskulös und gelenkig. Seine Augen sind schmal, die schwarzen Braunen flach gewölbt, die Backenknochen hervorstehend, die Nase eingedrückt, die Ohren verhältnißmäßig groß, der Kopf rund. Von Charakter sind sie reizbar und mißtrauisch, leichtsinnig, aber auch gastfrei, nähren sich meist von animalischer Kost und lieben Tabak und Thee. Sie wohnen in Filzhütten (Jurten), welche oben offen sind. Ihre Religion ist der Buddhaismus, die Sprache ist mongolischer Abkunft und in ihr besitzen sie geschriebene Gesetze, Heldenlieder und Sagen. Jede einzelne Horde wird von einem Khan regiert, dessen Verwandte den Adel und eine Art Staatsrath bilden. Der Khan wird der weiße Knochen, das Volk der schwarze Knochen genannt. Rußland führt die Oberherrschaft. 1771 haben sich 60,000 Familien unter chinesischen Schutz begeben und feste Wohnsitze am Saisansee in der Songarei eingenommen. Sie haben vor halbkultivirten Völkern den Ruhm, daß sie ihre Weiber am wenigsten drücken und geringschätzen. Zwar verkauft der Vater seine Tochter, ohne sie zu fragen; aber er gibt ihr eine Ausstattung mit, die dem Brautpreise an Werth gleich kommt. Diese Ausstattung bleibt das Eigenthum der Frau auch nach des Mannes Tode oder bei einer Verstoßung, [45] so daß also ihre Zukunft gesichert ist. Vielweiberei ist gestattet; der Lama (Priester) segnet nur die Frauen, welche eine Ausstattung gebracht, als eheliche ein. – Die Frauen müssen übrigens mehr Arbeiten verrichten als die Männer, denn diese lieben die Ruhe, das Branntweintrinken und Rauchen. Sie sorgen für die Heerden, das Hausgeräth, die Küche, scheren die Schafe, gerben die Felle, bereiten Filzdecken und brechen die Wohnung beim Weiterziehen der Heerde ab und errichten sie wieder auf dem neuen Weideplatze. Nach den Gesetzen werden Beleidigungen, welche Weiber betreffen, schärfer geahndet, als jene, welche Männern widerfahren; alle Strafen, denen sie verfallen, werden gemildert; in ihren Hütten sind sie unverletzlich. – In der Kleidung unterscheiden sich die beiden Geschlechter nicht wesentlich. Die Frauen tragen weite Pantalons von Tuch oder Kattun, Hemden, welche bis an den Hals reichen, Mantel mit sehr langen Aermeln und Halbstiefeln von gefärbtem Leder. Mädchen gehen wie die Männer, tragen Mäntel, Oberkleider, Pantalons etc., nur sind die Stoffe dazu seiner und der Haarputz sorgfältiger. Die Männer scheren den Kopf kahl bis auf einen Büschel am Wirbel, die Mädchen flechten die Haare in drei Zöpfe, Frauen in zwei, welche sie noch überdieß mit buntem Seidenzeuge durchwirken. Mädchen dürfen auch nur einen Ohrring tragen. Alle Frauen schminken sich weiß und roth. Die gelbe Farbe ist ihnen heilig, darum kleiden sie sich gern in Fuchspelze. Den Kopf bedecken sie mit einer gelben Mütze, die, weil sie von heiliger Farbe ist, nie auf die Erde, sondern höchstens auf das Knie gelegt werden darf.

B.

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Damen Conversations Lexikon, Band 6. [o.O.] 1836, S. 45-46.
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