Montesson, Marquise von

[277] Montesson, Marquise von, Charlotte de la Hayede Riou, Marquise[277] v., geb. 1731 zu Paris, wurde bereits in ihrem 16. Jahre an den Marquis von Montesson, Generallieutenant der Armee, vermählt, von dem sie jedoch bald der Tod trennte. Mad. M. verband mit einem natürlichen, vielfach gebildeten Verstand schöne Körperformen, Talent und ein Herz voll Liebe und Güte. Der Herzog von Orleans, Enkel des Regenten, faßte eine so glühende Neigung zu dieser seltenen Frau, daß er Ludwig XV. vermochte die Vermählung mit ihr zu genehmigen, die jedoch ein Geheimniß bleiben sollte. Mad. M. behielt in der großen Welt ihren frühern Namen. Ihr Haus war der Sammelplatz Aller, die sich durch Rang oder Talente auszeichneten. Alles drängte sich zu ihren Festen und bewunderte die dramatischen Darstellungen, in welchen sie und ihr Gemahl auftraten. Gleichzeitige Schriftsteller sprechen mit Lobeserhebungen von ihrem theatralischen Talente. Die Stücke, welche aufgeführt wurden, hatte sie größtentheils selbst verfaßt. Voltaire, von ihr geschmeichelt, wurde gegenseitig ihr enthusiastischer Verehrer. Eins ihrer Lustspiele »la Comtesse de Chapelles,« das sie dem Theater Français zur Aufführung gab, wurde kalt aufgenommen, indeß fand es, zum Drucke befördert, laute Anerkennung. 1785 starb der Herzog in ihren Armen; bis zum letzten Athemzuge widmete sie ihm die zärtlichste Sorgfalt. Diese Verbindung konnte in jeder Beziehung eine vollkommen glückliche genannt werden. Mad. M. verkannte in keinem Augenblicke ihre Stellung, sie war die Gattin eines Prinzen von Geblüte, aber ohne den Titel einer Prinzessin; in ihrem Betragen verschmolz Hoheit und Würde mit Milde und Demuth zu einem herrlichen Ganzen. Die allgemeine Verehrung folgte ihr auf jedem Schritte. Als das Testament des Herzogs angefochten wurde, gestattete ihr Ludwig XVI. den Titel »Witwe Orleans« zu führen. Den Gefahren der Revolution entging sie glücklich. Man erinnerte sich vielleicht der vielen Wohlthaten, welche sie gespendet, vielleicht des Umstandes, wie sie im kalten Winter 1788 ihre exotischen Bäume und Pflanzen aus den [278] Gewächshäusern schaffen und diese der armen Klasse einräumen ließ, wodurch der Bedürftige Arbeit, Wärme, gesunde Nahrung und Unterstützung jeder Art fand. Napoleon bewies ihr die unzweideutigste Achtung. Während seines Feldzuges in Aegypten war sie mit Josephine bekannt geworden, und wechselte mit dieser noch lange Zeit nachher die traulichsten Briefe. Eines Tags durchblätterte Napoleon mehrere Papiere, er fand darunter ein Schreiben der Montesson an Josephine, und las darin die für ihn so schmeichelhaften Worte: »Sie dürfen in keinem Augenblicke ihres Lebens vergessen, daß Sie die Gattin eines großen Mannes sind.« – Die Gunst, in welcher sie bei ihm stand, benutzte Fr. v. M. bloß zu edlen Zwecken. Ihre letzten Lebenstage waren heiter und glücklich, sanft, wie sie gelebt, vollendete sie den 6. Febr. 1806, und wurde zu St. Porte an der Seite ihres fürstl. Gemahls bestattet. Unter dem Titel »Oeuvres anonymes« sind ihre gesammelten Schauspiele, Gedichte und prosaischen Aufsätze erschienen. Darunter zeichnet sich besonders der Roman., Pauline« und ein Gedicht in 5 Gesängen: »Rosamunde« aus.

H.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 7. [o.O.] 1836, S. 277-279.
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