Musen

[322] Musen, die begeisternden Göttinnen, die Vorsteherinnen, Lehrerinnen und Beschirmerinnen aller schönen Künste, Töchter des Zeus und der Mnemosyne. In der Frühzeit des Alterthums nannte man sie Töchter des Uranus und der Gäa (des Himmels und der Erde), und kannte zuerst nur drei: Melete, Nachdenken, Mneme, Gedächtniß, und Aöde, Gesang; später erschienen sie in der Vierzahl, dann kannte man 7, und endlich in der nachhomerischen Zeit steigerte sich ihre Zahl auf neun. Als Göttinnen des Gesanges wohnen sie auf dem Olymp, und erfreuen unter Apollons Leitung die Götter durch ihre Lieder und durch das Spiel auf ihren Instrumenten. Dichtern und Künstlern spenden sie Begeisterung, Anmuth in Form und Ausdruck, daher heißen diese ihre Söhne, ihre Schüler. Gleichwohl wurden die Musen meist als Jungfrauen gedacht und dargestellt. Ihre Namen sind: Klio, Euterpe, Kalliope, Melpomene, Thalia, Terpsichore, Erato, Polyhymnia und Urania (s. d. Art.). In den frühesten Zeiten waren die Musen Nymphen und Quellgöttinnen, die begeisternden Wasser der Kastalia, Hippokrene, Achanippe, Libethron, wurden von ihnen bewohnt. Von der ersten hießen sie kastalische Jungfrauen, Kastaliden. Von dem anmuthigen Haine Pieros, der am Berge Helikon lag, wurden sie Pieriden, Pierinnen, und von jenem Helikonierinnen, Helikoniden genannt. Doch auch am Olymp, am Parnassos, dachte man sich ihre Wohnungen. Ost riefen die Dichter der Alten die Musen beim Beginn eines Gedichtes um ihren Beistand an, und die Neuern thaten es ihnen nach. Diese sanften Göttinnen bilden als Trägerinnen einer ethischen Idee, als[322] Beförderinnen aller Künste des Genies, einen der schönsten Lichtpunkte in dem altklassischen Mythus, der sich nicht immer so rein und makellos in seinen Gebilden offenbart.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 7. [o.O.] 1836, S. 322-323.
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