Urne

[279] Urne. Welch' ein kleiner Raum jetzt das todte Menschenherz umschließt mit seinen großen Entwürfen, seinen stolzen Hoffnungen, seinen Ahnungen der Ewigkeit und Unendlichkeit! Zu einem kleinen, unscheinbaren Aschenhaufen versank die ganze, liebe Menschengestalt. Aber unter Zähren beugt sich die Liebe über die theuern Ueberreste, bekränzt sinnig die U. mit den Blumen der Erinnerung und küßt das kalte Todtengefäß mit Liebeslippen heiß. – Eigentlich Wasserkrüge, wurden die U'n sehr früh vorzugsweise zur Aufbewahrung der Gebeine verbrannter Todten gebraucht. Meist aus Thon oder Stein gefertigt, wurden sie bald auch kunstreich mit erhabener Arbeit, mit Malereien und Inschriften geziert. Bei den Griechen wurden sie zugleich als Preise bei Kampfspielen, bei den[279] in den unterirdischen Grabgewölben bei und umwanden sie mit Blumen. Die röm. U'n, welche noch in den Museen aufbewahrt werden, sind größtentheils von rundlicher, selten viereckiger Gestalt, haben oft Handhaben, und sind zuweilen so groß, daß in einer mehrere kleinere (ollae genannt) eingeschlossen sind. Auch in den Hünengräbern hat man thönerne Aschenkrüge gefunden, die sich bald den antiken, bald den orientalischen Formen nähern. Sie sind von verschiedener Farbe: weißgelb, röthlich, braun, gelb, schwarz, und haben zuweilen auch rohe, halberhabene, oder auch eingedrückte und aufgemalte Verzierungen. Jetzt werden die U'n oft mit den Vasen (s. d.) verwechselt.

–r.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 10. [o.O.] 1838, S. 279-280.
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