Dialektik

[372] Dialektik, griech., Unterredungskunst, angewandte Logik; Platon nennt sie die Kunst, gesprächsweise durch Fragen und Antworten Erkenntnisse zu entwickeln, Kunst des Dialogs, ferner die Wissenschaft, die Rede richtig durchzuführen u. die Begriffe richtig zu verknüpfen u. zu unterscheiden, endlich ist sie bei ihm die höhere Philosophie als Wissenschaft der Ideen, Metaphysik. Aristoteles unterscheidet Logik und D., stellt jene über diese u. nennt Wahrscheinlichkeitsschlüsse dialektische. Im Mittelalter wurde die D. vorherrschend zur Kunst, etwas denkend von allen Seiten zu betrachten und artete vielfach in eine unfruchtbare u. spitzfindige Disputierkunst aus. Kant faßte die D. vorherrschend aristotelisch auf und unterschied sie als Lehre von der Aufhebung des Scheines von der Analytik, der Lehre des Wahren; Hegels dialektische Methode ist der Hebel, wodurch er vom reinen Sein ausgehend zu immer reicheren Begriffen fortschreitet und das ganze System des reinen Vernunftwissens deducieren will. Die Neuesten, wie Sengler, machen die D. zur Denk-, Erkenntniß- und Methodenlehre, zum Knochengerüste der Metaphysik. – Dialektisch, redegewandt, verfänglich, spitzfindig, sophistisch.

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Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 372.
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