Das VII. Capitel.

Von der Zeit / wann die Hexen ihre Blocksberges-Fahrt vor zunehmen pflegen.

[497] Zur Gnüge bißher von den beyden Quomodo, oder wie die Hexen zum Blocksberge fahren / und andere wider ihre Außfahrt sich rüsten. Jetzt folget nun das Quando die rechte Zeit / oder wenn sie ihre Fahrt verrichten? in Ansehen der oder des[497]


B escheinung oder Finsternüß.

L iechten Tages / ümb Mittag.

O fftern und seltenen Zeit.

K alender / ob sie nach dem Julianischen oder Gregorianischen sich richten.

S tunde.

B efeyrte Feste im Jahre.

E tliche Tage in der Woche.

R echten Anfangs. Noxintempesta.

G nugsamkeit oder Endung / ad Gallicinium.

V on allen stehet in folgenden etwas.


Wenn halten denn nun solche unsaubere Huren-Gespenste ihre conventicula und Teuffels Kräntzgen? möchte einer weiter fragen.1 Darauff ist unterschiedlich zu antworten. Denn an etlichen Orten ist es Manier / daß sie alle Jahr ein oder mehrmahl; an etlichen, daß sie nur ümb das andere Jahr; an etlichē aber / daß sie an diesem oder jenem Festage des Jahrs zusammen kommen.2 Vnter die Mittelte Zahl gehören die Fauni, Satyri und Sylvani die Wald- und Feld-Götter / welche wie Macrobius schrebet / jede zwey Jahr eine Zusammenkunfft / Fest und Tantz / auff dem Berge Parnasso halten / sind den jungen Knaben und schönen Jungfrauen sehr auffsätzig / und befleissigen sich dieselbe auff mancherley Weise zu fällen. Bodinus in seiner Dæmonomania, (nachdem er erzehlet[498] die Historia der dreyen Zauberer zu Poictiers anno 1564. verdammet / welche wir oben im 3. Capit. §. 4. (9.) angeführet haben) setzet / es sey wol zumercken / daß die Zauberer und Hexen verbunden / dreymal des Jahrs dem Sohn solch Opffer zu thun / und daß der Widersacher GOTTES das Geboth / daß alles was männlich ist / dreymal des Jahrs bey den dreyen ordentlichen hohen Festen erscheinen solte / mit seinen drey Zauberischen Tag-Satzungen habe spottweiß nachgesetzet.3 Vnd etwas weiter vorher schreibet er also: Viel fahren des Nachts: viel des Tages. Gleichwol meistentheils des Nachts / und gemeiniglich zwischen der Nacht des Montags / und Dienstags / dessen Vrsach wir hernach gedencken wollen / nemblich im dritten Buch am ersten Capittel. Es haben etliche / schreibet er alda / diß von Alters her wargenommen / daß die bösen Geister sich zu einer Zeit mehr bemühen Böses zu thun / als zur andern Zeit / und fürnemblich mehr des Nachts als des Tages / erscheinen / auch vielmehr des Nachts zwischen Freytag unn Sambstag oder Sonnabend denn andere Tage. Inmassen Ludovicus Lavaterus4 von Zürch im Buch von Gespensten auß alter Erfahrung hat wahrgenommen: Denn spricht er / gleich wie man manchen findet / dem nie kein Gespenst ist fürkommen / dargegen manchen /[499] dem desgleichen viel ist begegenet / alsdenn man abergläubiger Weise sagt / daß die Fronfasten-Kinder mehr Gespenste / denn zu anderer Zeit gebohrne Kinder / sehen oder hören. Desgleiche wie mancher Abergläubiger diesen unn jenen Segen für diesen oder jenen Brästen braucht / unn er hilft / mancher eine Schlange beschweret / unn sie stille lieget / mancher einen Segē zum bluten spricht und es stillet. Mancher eine Glückruhte träget / und wo Metal vergrabē ist / daselbst sich neiget; und hinwieder einen andern der hertzhaftiger / großmütiger / Gottsfürchtiger und rechtgläubiger ist / und dergleichen Aberglauben verachtet / nichts dergleichen /wenn ers schon brauchet / abgehet. Also gehet etwan ein Teuffels Bößlein zu einer Zeit besser ab / denn zur andern. Auß Erwegung / weil man ja von unsern Vor-Eltern gehöret hat / wie ihnen mehr Erscheinungen der Geister begegnet sind / denn zu unserer Zeit: auch dieselben ihnen gemeiniglich Vor Mitternacht /wenn die Leute auß dem ersten Schlaf erwacht / erschienen: unn darzu am Freytag und Sambstag und an Festagen vorkommen sind. Dessen hätte ich zwar nicht wargenommen / biß hernach mir eben solche Sachen / davon Lavaterus meldet / sind zuhanden gestossen / als ich gemercket / daß diejenigen / so das Grimorium lesen / darbey der Satan pfleget zuerscheinen / solches zwischen[500] Freytag und Sambstag zu Nacht lesen. Darzu hab ich in einem Buche / welches mit Privilegien gedruckt / ein Teuffelisch Recept gelesen / damit man einen Dieb oder Mörder mit sonderbahren Worten und Segen / (die ich zu melden unterlasse) hat können tödten und verletzen / und dasselbe hat am Sambs-Tag vor der Sonnen Auffgang geschehen müssen. Des Autoris Namen / der da wol wehrt / daß man Holtz mit ihm anzündet / wil ich gleichfals zu nennen schonen. Deßgleichen hab ich durch mancherley Vrgicht befunden / daß die Verzauber-Stücklein / Hexen Gift und Mordpulver gemeiniglich auff den Sambstag den Unholden sind zugestellet worden.5 Und als ich der Vrsach solcher Zeit lange nachgesuchet / habe ich dermaleins in den Commentarien des Hebreers Abraham Aben-Esra über den vierten Artickel der Zehen Gebot gefunden / daß GOTT bey Lebens-Straff gebotten / den Sambstag über alles zu feyren und zu heiligen / auch diesen Tag für allen andern gesegnet und gebenedeyet habe.6 Darauff denn der gedachter Rabbi saget / er halte / daß GOTT den bösen Geistern habe Macht gegeben in der siebenden und vierten Nacht zustrafen / und Schaden zuthun / und ermahnet deshalben gar ernstlich sich zu hüten / am Sambstag etwas böses zuthun / oder einig Werck zuvollenbringen. Aber er giebt hierumb eine Vrsach auß der Astrologi, die mir doch gar[501] frembd ankömt / daß nemlich die zween Plantetē Mars und Saturnus, welche die Gestirnkündiger Maleficos, das ist schädliche / oder Schaden zufügende und Ubelthätige nennen / diese zween Täge über ihre Gewalt / Ubung und Werck haben.7 Nun wenn ihm also seyn solte / müste er den dritten und siebenden /(wo anders in der Zahl nichts geirret ist) viel mehr als den vierten nennen. Sintemal ja alle hierinne zutreffen / daß die Nacht eher sey denn der Tag / gleichwie auch bey Erschaffung der Welt gesaget wird / Factū est vespere & mane dies unus, auß Abend und Morgen ward ein Tag. Und derhalben muß auch die Nacht zwischen dem Freytag und dem Sambstag siyn / oder zum Sambstag gehörē. Daher giebet auch der Planet Saturnus, welcher am höchsten unter allen Planeten stehet / der ersten Stunde der Nacht und des folgenden Tages seinen Namen / und wird dieser Planet auf Hebreisch Sabthai genand / welches ruhēd heist / gleich wie das Wort Sabbath Ruhe bedeutet.8 Auch wird im Gesetz Gottes außdrücklich gesaget / dz man das Fest des Heil. Tages gleich nach der Sonnē Nied'gang feyren sol. So müste mā derowegē auß Vorhergehendē schliessen / daß es die Nacht zwischen Montag unn Dienstag were / welchs die dritte ist. Unn zwar ich hab auch etliche Urgichtē gesehen / in welchē die Zauberer und Unholden vorgeben / daß sie sich Nachts zwischen Montag und Dienstag stets versamleten / gleichwie die von Longuij im Potetz /[502] alda die Hexen bekanten / daß sie unter deß / weil sie mit dem Teuffel tantzeten / ihre Besen über sich hüben / und ruften harr / harr Sabath / Sabath. Vnd gleichfals in einer andern im Lande Berry. Jedoch weiß ich / auß Mangel der Kundschafft noch nicht für gewiß zusagen / ob der Zauberer und Vnholden Versamlung sich am Sambstag begebe. Aber zuerweisen / daß es viel eher der dritte denn der vierte Tag sey / an welchem Gott den bösen Geistern Gewalt giebet / die Gottlosen zu straffen / und zu beschädigen / so wird im dritten Buch Mosis gemeldet / daß die Priester in ihrer Weyhung den dritten Tag solten gereiniget werden / auff daß sie den siebenden Tag geheiliget seyn. Vnd im 4. Buch 19. und 31. Capittel stehet / daß derjenige / so den dritten Tag nicht gereinigt were / den siebenden Tag nicht solte für geheiliget gehalten werden. Zudem / weil auch der Planet Mars die erste Stunde des Montages Abends / nachdem die Sonne zu Gnaden gangen / anfähet / gleichwie der Saturnus die erste Nacht-Stunde des Sambstags / nach niedergangener Sonnen des Freytags Abends.9 Denn wann man den allerwürdigsten Planeten / welcher die Sonne ist / nimmet zur ersten Stunde d' Erschaffung d' Welt / vō welcher her der Sontag von d' Sonnen noch dē Namē trägt / unn rechnet 24. Stundē / so findet sich der Mond[503] zur ersten Stunde der folgenden Nacht / welches ist der Montag / und der Planete Mars zur Nacht des Dienstages. Ich habe auch in eben denselben Außlegungen des Abr. Aben Esræ über die 10. Geboth gelesen / daß Gott fürnemlich denselbē Tag seinē Segen unn Benedeyung außspende; auch daß man von Alters her wahr genommen / daß er gemeiniglich mit schönē hellen Wetter herfür scheine / also daß auch unter den gemeinesten Sprichwörtern / welche der Medic. Ioubertus zusammen gebracht / unn in Truck gegebē hat / auch eins zu Bezeugung d' vorige Meynūg zu besinden / welches also lautet: Es ist kein Sābstag nie verschienē / mā hat die Sonne darā sehē scheinē / welches ich gleichwol nie experimentiret unn erfahrē habe.10 Auch sol man nit so sorgfältiglich und überwitzig nachgriebeln / warum Gott den siebendē Tag vor andern Tagen gesegnet unn geheiligt habe. Sondern gleich wie die Juden den Sambstag feyren / und die Mahametisten den Freytag; also feyren wir / oder sollen nach Christlicher Ordnung den Sontag feyren und heiligen. Aber wie er geheiliget werde / siehet man täglich vor Augen / daß er alsdenn neml. mit den ungeschickestē ärgerlichsten Händeln / so zuerdencken / entheiliget unn besudelt wird; Fürwar zu grosser Unehrung Gottes unn seines Namens / so er doch nichts so hoch unn dazu bey Lebens Verlust hat zu haltē befohlē.[504]

Der Autor der Hundstägigen Erquickstunden part. 1. p. 388 schreibet: Es sagte mir auch mein Geist / daß die Hexen zusammenkunst ingemein geschehe bey nächtlichē Stundē bißweilē auch am Mittage. Hieher gehört die Historia / welche er am 393. Blat erzehlet mit diesen Worten. Paul. Grillandus erwehnet / daß im Jahr 1524. wie er die Inquisition über die Hexen gehabt / ihme eine vorgebracht Namens Lucretia, welche indem sie von ihrer gehaltenen Zusammenkunfft / wieder nach Hause solte gebracht werden; Aber weil es ümb die Morgen-Stund war / und der Geist den Glocken-Thon gehöret / damit man die Leute zum Gebeth anmahnet / sey sie alsobald von ihrem Führer auff einen mit Dorn und Disteln bewachsenen Acker niedergesetzet und verlassen. Es begibt sich aber ohngefehr / daß ein ihr wolbekanter Junger Gesell vorbey spatzirte / den habe sie mit Nahmen genennet und zu sich geruffen. Er aber / wie er gesehn / daß sie biß auff ihr Scham gantz geblösser gesessen / und die Haare bloß und zu Felde geschlagen ihr ümb den Kopff gehangen / habe er sich gefürchtet hin zu treten. Wie sie aber zu flehen und ihn zu bitten nicht auffgehöret / sey er hingetreten und sie gefraget / wie sie so entblösset an den Ort kommen? Sie habe Anfangs viel und mancherley Schein-Reden und Entschuldigung eingewand / und vorgeschüttet;[505] Aber weil der Jüngeling solchen keinē Glauben gegeben / noch (im Fall sie die dürre Warheit nicht würde herausser sagen) helffen wollen / habe sie alles / nachdem sie zuvor solches in geheimer und stiller Verschwiegenheit zubehalten von ihm erbeten / selbigem endecket. Der Jüngling hab sie auch hierauff in Geheim nacher Hause gebracht / und viel Gaben und Geschenck von ihr erhalten; Zuletzt aber habe er seine Zusage gebrochen / es einem und dem andern erzehlet / dadurch es ruchtbar worden / das Weib gefänglich eingezogen / und den Jüngling dahin gezwungen / daß er den Verlauff des gantzen Handels habe außbeichten müssen.

Ja daß solche conventicula des Nachts sonderlich geschehen / hat weitläufftig außgeführet Iac. And. Crusius in nocturnis officiis cap. 19. pag. 370. und weiset daß die Nacht vieles Bösen Anfang und Vrsach sey / massen denn / wie A. Gellius11 meldet / Menander gar schon gesaget hat:


Τὴν νύκτατκν πολλῶ ν κακῶν ἀρχηγόν


Und im vorhergehenden 7. Cap. 305 bl. eweiset (Crusius, daß die Gespenster gemeiniglich des Nachts grassiren und die Leute erschrecken. Im 3. Cap. schreibet er / wiewol zu Latein / also. Sehr denckwürdig ists / daß die Rechts Gelahrten unter andere Merckzeichen / daran man die Hexen und Zaubererkennen kan / mit zehlen ihre Abwesenheit / wenn sie nembl. zur Mitternacht sich[506] nit finden lassen. Wie davon Nachricht ertheilt Remigius lib. 1. Dæmon. c. 14. und mein Herr Vatter Christoph. Crusius ICtus part. 2. de Iudiciis delict. c. 32. n. 92. Mir ist aber wol wissend / daß es andere mit dieser Meynung nit halten / vorgebend / es bezeuge die Erfahrung / daß die Hexen in ihren Häusern bey ihren Männern in einē Bette die gantze Nacht gelegen / unn dennoch des folgendē Morgēs erzehlet unn beständig außgesaget habē / wie sie die vorhergehēde Nacht bey ihrē Versamlungē gewesē / unn was sich bey denen sol begeben haben. Dessen führet ein Exempel an Olaus Magnus, und berichtet / daß man eher solche Hexē gesehen /welche im Schlafe sich hefftig bewegen / nicht anders als wenn sie mit einem grossen Schmertzen befallen werē / oder auff einem Stuel oder sonsten auff einem Dinge ritten / wie die so den Pferden die Sporen geben / und mit aller Macht davon eylen.12 Vnterdeß weren sie nicht auß dem Hause kommen / und wenn sie aufgewacht / so laß und müde gewesen / als weren sie von einer weiten Reise nach Hause kommen; auch darbey wunderseltzame Dinge erzehlet / so sie unterdes wollen gesehen haben: ja sie weren auch auff die recht zornig wordē / so ihren Worten keinen Glauben geben wollen. Vnd dieses Ding hat ihrer viel bewogen / daß sie alles / was von der Hexenfahrt gemeldet wird / für lauter Phantasey / Träume und Einbildunge halten. Derer Meynung[507] auch zuseyn scheinet / Hieronym. in seiner Vorrede über den Daniel: denn nachdem er erwehnet eines Jüden / welcher darümb die Stück im Daniel verworffē / weil unter andern darinne gedacht wird / wie der Engel des Herrn den Habacuc auß Judæa in Chaldæ am sol geführet haben / und dergleichē Exempel im gantzen alten Testament nicht zufinden / daß ein Heiliger Gottes also were durch die Lufft geführet worden / auch Paulus selber nit weiß / ob er bey seiner Verzückung im Leib oder ausser dem Leib gewesen. So wil Hieron. seine Epicrisin und Ausspruch nit setzen / sondern lesset dem Leser sein freyes judiciū, von dieser Sache zu urtheilen was unn wie er wil. Daß ich aber / fähret Crusius forth / es hiermit solle halten / wil nit gestattē die tägliche Erfahrung / welche bezeuget / daß die Hexen zu ihren Versamlungen warhafftig und in der That mit ihren Leibern geführet werden / massen solches weitläuftig darthun Remigius, Ioh. Bodinus, Pet. Binsfeldius, Mart. Delrio, und andere mehr / derer Zeugniß in so klarer Sache anzuführē unnötig ich erachte. Dieweil nun die stock finstere Nacht voller Gefahr / und zu der Zeit die schrecklichsten Laster und Bubenstück begangen werden / auch damit jemand were / so für der Kirchen Heyl und Auffnehmen zu Gott bettete / hat es die H. Kirche also verordnet / daß die Mönche / Nonnen / und alle Geistliche Personen fürnemlich üm die Mitternachtzeit[508] wachen und beten solten; welches auch in der ersten Kirchen in Gebrauch gewesen.13

Weiter schreibet Crusius am angezogenē Orte; Es ist auch sehr denckwürdig / daß üm den Hahnenschrey die Hexen-Convent zersteuben / und ihre Versamlung zergehē / also daß sie denn ferner nichts thun und verrichten können. Davō wollen wir hörē was Nicol. Remig. des Hertzogen und Fürsten auß Lothringē gewesener Rath li. 1. Dæmonolatrib. c. 14. p. 107. schreibet / da er spricht: Und damit ich wiederhole des Apollonii Wort von dem nächtlichen Hahnenschrey / fället mir eben ein / was ich neulich gelesen habe von Verurtheilung einer Hexen mit Namen Babilla Latome, welches sich nit uneben zu unserm Handel reimet. Dieselbe Hexe / als sie in d'Marter etwas scharff gefraget wurde üm die Sachē / welche die Unholden des Nachts begehē pflegē / sagte sie / es wereihnē nichtsmehr zuwid' unn verdrießlicher / als wenn sichs begebe / daß die Hähne kräheten / gleich zu der Zeit / da sie sich zu ihrē Wercken bereiteten unn fertig machtē.14 Dasselbe hat auch bekräftiget Ioh. Bulmius und sein Weib Desiderca, und gesaget / daß ihre Meistergen / wie sie dieselben nennen /wenns Zeit ist vō ihrer Versamlung auffzubrechē / sie pflegen ofters anzureden mit diesen Wortē: Ey machet fort / unn eylet / denn die Hahnē fahē albereit an zu krähē. Welchs ich dahin deute / daß als, den alle ihre Verrichtung unn Vorhabē ein End[509] hat. Bißher Remig. Warum aber solches geschehe? fragen wir nit unbillig die Heyden antworten / daß die Geister des Nachts die grösseste Gewalt haben / bey Tag aber werde dieselbe mächtig geschwächet und gehemmet.15 Die Phil. unn Naturkündiger führen an die natürliche Feindschafft / so da ist zwischen einem Hahnen / Lōwē unn Schlangē / aber vergebens / denn d' Teuffel wird nur auff metaphorische und verblümte Weise ein Löwe unn eine Slang geheissē. Wir halten mit Delrio einem Gelahrten Jesuiten Disq. Magic. lib, 6. c. 2. sect 1. q. 1. dafür / daß den bösen Geistern und der sämtlichen Hexen-compagnie das Hahnengeschrey so verdrießlich und feindseelig sey / umb eines Geheimnisses willen / so darinnen verborgen lieget: Entweder weil der Hahn den Tag ankündiget / und die Menschen-Kinder auffmuntere zum Lobe GOttes / auch vielen groben Sünden darzu die finstere Nacht Anlaß giebet und vertuschet / durch der Sonnen Liecht verwehret wird? Oder weil der Satan sich etwan erinnert / daß er durch die Auferstehung des Herrn Christi bald nach Mitternacht ist überwundē / unn zum Schau in einē Triumph herüm geführet worden? Od' dieweil er sich erinnert der wahren rechtschaffenen Busse des Apostels Petri, darzu er durch den Hanenschrey veranlasset worden / und also ein fetter Biß dem Satan auß dem Rachē gerissen worden? Und diese Ursachen zeigen auch an die Heiligen[510] Vätter. Wir führē an zwey Gottsfürchtige Hund Heilige Männer / nemlich den H. Ambrosium und Prudentium. Prudentius in hymno ad Galli cantum singet also:


Ferunt vagantes Dæmones

Lætos tenebris noctium,

Gallo canente exterritos

Sparsim timere & cedere.

Invisa jam vicinitas

Lucis salutis numinis

Rupto tenebrarum situ

Noctis fugat satellites;

Hoc esse signum præscii

Norunt repromissæ spei,

Qua nos soporis liberi

Speramus adventum Dei.


Der H. Ambrosius hat der Sachen eigentlicher nachgedacht / da er in laudibus diei Domin. singet.


Præco diei jam sonat

Noctis profundæ pervigil;

Hoc omnis errorum chorus

Viam nocendi deserit,

Mucro latronis conditus,

Lapsis fides revertitur,

Hoc ipso petra Ecclesiæ

Canente culpam diluit,

Gallus negantes arguit,

Gallo canente spes redi

Iesu labentes respice.[511]

Tu lux refulge sensibus,

Mentisque somnum discute.

Te nostra vox primum lonet

Et ora solvamus Tibi.


Und das sind die Vrsachen / welche unter andern mit angeführet werden / warumb ümb den Hanenschrey die Hexen-Versamlungen zergehen und zerstüben. Hieher gehöret auch was Æneas Gazæus de mortalit. Animæ p. 66. und Barthius in seinem commentario p. 144. schreibet: Spectra talia orto sole diffugere & evanescere est traditio vulgaris, experientiâq, firmata. Omnia enim vita functa solis non jā jus usurpādi habere scirum est antiquis. Nos quod antiqni tradut, usu cōperimus, de quo non paucisalibi. Neq; enim spectra nos semel vidimus, neq; semel ad ortum solem coram oculisnostris evanuisse testari possumus. Von solcher nächtlichen Zeit nun / da dieses Teuffels Gespenst / als die Hexen / sampt den Eulen / nocticoracibus und andern Lucifugis, fliegen / werden sie genent Nachtwanderer / Nacht-Hasen bey dem Hildebr. in Theurg. pag. 26. oder Nachthosen wie beym Goldasto in confiscat. der Hexen-Güter p. 76. stehet / wenn es nicht etwan verdrucket ist.

Bißhero ist zur Gnüge vernommen worden / wie der unsaubere Geist und sein Anhang so wol in andern Ländern und Orten / als hier in Teutschlande / oder / wie oben Balthasar[512] Schnur geredet hat / in gantz Sachsen auff den Brockelsberge / sonderlich deß Jahrs einmahl / und zwar zu gewissen nächtlichen Stunden begeben solle / alda sein verfluchtes Fest zu begehen. Es fraget sich aber alhier umb die Jahrs Zeit: Auff welchen Tag / oder Tages-Nacht dieser verfluchte Convent und Celebrität vorgehe? So wird und kan zwar gesaget werden / daß der leidige Satan zu unterschiedlichen Zeiten seine Capelle gleichsam an deß lieben GOttes Kirch baue / das ist / die meisten und fürnemsten Fest- und Heilige Feyer-Tag verkehre / sie zu seiner Beehrung gebrauche / jene verspotte und verspotten helffe / und also GOttes Affe in diesem Fal sey. Dann man lieset von den Teuffeln und Gespensten in gemein / daß sie vor allen andern Zeiten heuffig verspüret werden am Tage oder Feste


§. 1. B aptistæ Iohannis, Johannis deß Teuffers.

§. 2. L uciae.

§. 3. O mnium Sanctorum, aller Heiligen.

§. 4. K alendarum Maji, den ersten Maji.

§. 5. B achanaliorum, Fastnachten.

§. 6. A rchangeli Michaelis, S. Michaelis.

§. 7. R edemtoris Natalitiorum, Weynachten.

§. 8. G ravidi seu Martis Mense. Im Mertzen.


Quelle:
Praetorius, Johannes: Blockes-Berges Verrichtung. Leipzig, Frankfurt 1669, S. 497-513.
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