Auslaugen

[402] Auslaugen (Ausziehen, Extrahieren), die löslichen Bestandteile einer Substanz durch ein Lösungsmittel von den unlöslichen trennen.

Zweck des Verfahrens kann sowohl die Gewinnung der löslichen als auch der unlöslichen Bestandteile sein. Die Lösung wird gewöhnlich als Lauge (Auszug, Extrakt), das Unlösliche als Rückstand bezeichnet. Auslaugen unter Zuhilfenahme von mäßiger Wärme bezeichnet man als Digerieren, von Siedetemperaturen als Auskochen; ein bloßes Aufweichen der Substanz in kaltem Wasser von gewöhnlicher Temperatur als Mazerieren. Unter Infundieren versteht man das Uebergießen der Substanz mit heißem Wasser zum Zweck des Auslaugens; die gewonnene kalte Auflösung ist ein Infusum oder Aufguß (s.d.). Handelt es sich darum, aus einer Substanz die löslichen Bestandteile zu entfernen, weil ihre Anwesenheit im Endprodukt nicht wünschenswert erscheint, so nennt man das Verfahren Auswaschen oder Aussüßen.

In der Technik ist das Auslaugen salziger, in Wasser löslicher Verbindungen der gewöhnlichste Fall. Man langt Holzasche aus, um Pottasche, Alaunerze, um Alaun zu gewinnen. Fast immer findet eine Zerkleinerung des auszulaugenden Materials statt, um der lösenden Flüssigkeit möglichst viele Berührungsflächen zu bieten. Ferner wird in der Regel das Auslaugen unter Temperaturerhöhung des Lösungsmittels vorgenommen, weil fast alle Salze in heißem Wasser leichter löslich sind als in kaltem. Es ist dabei Grundsatz, reines Wasser mit bereits möglichst ausgelaugten Rückständen in Berührung zu bringen, um vollständiges Ausziehen zu erzielen. Der Umstand, daß stärkere Laugen spezifisch schwerer sind als schwächere, erstere sich also am Boden der Auslaugegefäße befinden, wird in den verschiedenen, hier in Betracht kommenden Zweigen der chemischen Industrie zur Trennung der Laugen benutzt. Früher gewann man in der Rübenzuckerfabrikation [1] den zuckerhaltigen Saft durch Mazerieren und Auspressen des Rübenbreies, jetzt durch sogenanntes rationelles Auslaugen der Rübenschnitzel mittels Diffusion (s. Zuckerfabrikation). – Für sehr flüchtige Lösungsmittel sind von Scheibler, Soxhlet u.a. kontinuierlich wirkende Apparate angegeben worden, um mit einer verhältnismäßig geringen Menge des Lösungsmittels ein vollständiges Auslaugen zu erzielen. Solche Apparate bestehen im Prinzip aus einem luftdicht verschlossenen Gefäß, in dem das flüchtige Lösungsmittel die auszulaugende Substanz durchdringt. Von der abfließenden Lauge wird das Lösungsmittel beständig abdestilliert, in einem besonderen Teile des Apparates wieder verdichtet und von neuem auf die Substanz gebracht. Als solche Lösungsmittel sind Alkohol, Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Benzin, Benzol und Aether zu nennen. – Bei der sogenannten Verdrängungs- oder Deplazierungsmethode benutzt man das Eigengewicht einer Flüssigkeitssäule von größerer Höhe zur Unterstützung der Auslaugearbeit (vgl. Realsche, Romershausensche Presse). Zur Vereinfachung der Arbeit des Auswaschens läßt man in der Regel die Waschflüssigkeit selbsttätig in dem Maße zufließen, als das Abfließen der Lauge erfolgt. Für Laboratoriumszwecke haben derartige Vorrichtungen (Aussüßflaschen) Berzelius, Haug, Gmelin und namentlich Mohr [2] angegeben. – Ueber Auslaugen des Holzes s. Holzkonservierung. Näheres über die Methoden des Auslaugens in der chemischen Technologie in [3].


Literatur: [1] Stohmann, Handbuch der Zuckerfabrikation, 2. Aufl., Berlin 1885. – [2] Chem. Zentralblatt 1864, S. 496. – [3] Wagner, Handbuch der chem. Technologie, 12. Aufl., bearbeitet von Fischer, Leipzig 1886 und dessen neuere Auflagen: Fischer, Handbuch der chem. Technologie, 3. Aufl. (= 14. von Wagner), 1893, und dasselbe, anorgan. Teil, 4. Aufl. (= 15. von Wagner), 1900.

Bujard.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 402.
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