Giebel

[525] Giebel, die durch die anzeigende Dachlinie begrenzte Dreieckfläche (auch Nebenseite) eines Gebäudes.

Je nach dem verwendeten Stoffe wird dieser Giebel als Steingiebel oder Holzgiebel erscheinen und hiernach seine technische und formale Gestaltung erhalten. Das Verhältnis der Höhe zur Breite des Giebels, der meist ein gleichschenkliges Dreieck bildet, richtet sich nach der Höhe und Neigung des Daches sowie nach dem gewählten Baustil.

A. Steingiebel. Im Altertum war der Giebel eine geheiligte Form und[525] den Tempeln vorbehalten, bei welchen er den obersten Abschluß der Hauptseite bildete und oft mit reichem Bilderschmuck geziert war. Das Giebelfeld war an drei Seiten durch Gesimse begrenzt, mit Aufsätzen (s. Akroterie, Bd. 1, S. 119) geschmückt und getragen von dem Gebälke (s. S. 314) und der zugehörigen Säulen- oder Pfeilerstellung. Während der griechische Giebel (s. Fig. 1). sehr niedrig erschien (Höhe des Giebelfeldes = 1/9 der Länge), wurde der Giebel des. römischen Stils sowie in Nachbildung hiervon der der Renaissancezeit weit höher gehalten, jedoch nach denselben Gesichtspunkten ausgestaltet. Ueberhaupt wurde in der weiteren Entwicklung die Anwendung des Giebels verallgemeinert, d.h. auf einzelne Bauteile übertragen und in seiner Form sehr mannigfaltig gestaltet, z.B. als gebrochener oder verkröpfter Giebel (Barockzeit), als Bogengiebel in Halbkreisform (Venedig) oder in Segmentbogen. Sehr schöne Beispiele bieten die mehrgeschossigen Hausgiebel der deutschen Renaissance. – Im Mittelalter wurde den meist steilen Dachungen entsprechend die Giebelform eine hohe und spitzige. Die Gesimsbildung folgte hierbei der Dachlinie, von der Ecke ansteigend, unter Wegfall des wagerechten Gesimsfußes. Solche Giebel kamen auch an Portalen sowie an Fenstern von Kirchen (s. Fig. 2) zur Anwendung. Im Backsteinbau bildete sich oft ein treppenförmig ansteigender Giebel mit oder ohne Zinnenschmuck aus (Fig. 3 und 4).

B. Der Holzgiebel zeigt ebenfalls die verschiedenste Gestaltung nach der konstruktiven Ausbildung der Holzwand. Bei dem Giebel des Blockwandhauses mit meist flacher Dachneigung wird der weite Dachvorsprung durch stark ausladende Pfettenträger (s. Holzwände, Fig. 7) getragen. Anders der Giebel des Fachwerkhauses, der meist steil ansteigend in mehreren Geschossen ausgebildet ist, die, von Fensterreihen durchbrochen, in ihren Pfosten, Streben und Verbugungen eine reiche Belebung der Fläche zeigen (s. Fig. 5).

Weinbrenner.

Fig. 1.
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Fig. 2.
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Fig. 3.
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Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 525-526.
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Faksimiles:
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