Anglonormannisch

[522] Anglonormannisch, auch Anglofranzösisch heißt die französische Sprache in der Form, in der sie 1066 von den normannischen Eroberern in England eingeführt und dort unter dem Einfluß des Englischen umgestaltet wurde. Die anglonormannische Literatur beginnt mit den Gesetzen Wilhelms des Eroberers (1070); sie hat im 12. Jahrh. hauptsächlich Chroniken und lehrhafte Werke hervorgebracht. Seit 1204, wo die Normandie wieder mit Frankreich verbunden wurde, verwildert das A. rasch und verschwindet im 14. Jahrh. auch aus der Literatur. Nur in Urkunden und Rechtsbüchern hat sich diese Sprache bis ins 16. Jahrh. erhalten. Bis ins 14. Jahrh. galt sie als Sprache des Hofes, des Adels, des Rechtswesens und der Schule in England, wo daher auch die ältesten Lehrbücher der französischen Sprache im 13. Jahrh. entstanden sind. Vgl. Stürzinger, Orthographia gallica (Heilbr. 1884); Scheibner, Über die Herrschaft der französischen Sprache in England (Annaberg 1880); Behrens in Pauls »Grundriß der germanischen Philologie« (2. Aufl., Bd. 1, S. 950 f.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 522.
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