Anweisung

[602] Anweisung (im Verkehrsrecht des Mittelalters und später Assignation genannt), ein Auftrag, durch den jemand (der Assignant) einem andern (dem [602] Assignaten) die mündliche oder schriftliche Weisung erteilt, einem Dritten (dem Assignatar) eine Leistung zu machen. Nach dem deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch versteht man unter A. die an einen andern (den Angewiesenen) gerichtete schriftliche Aufforderung, für Rechnung des Ausstellers dieser A. (des Anweisenden) eine bestimmte Summe Geldes, Wertpapiere oder andre vertretbare Sachen an einen Dritten (den Anweisungsempfänger) zu leisten. Die Aushändigung der Anweisungsurkunde an den Dritten ermächtigt den Angewiesenen, für Rechnung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger zu leisten und berechtigt den Dritten, die Leistung bei dem Angewiesenen im eignen Namen zu erheben. Durch die Annahme der A., die durch einen schriftlichen Vermerk auf der A. erfolgt, wird der Angewiesene zur Leistung an den Anweisungsempfänger verpflichtet, der Umstand allein, daß der Angewiesene Schuldner des Anweisenden ist, verpflichtet ihn nicht zur Annahme. Ebensowenig wird der Anweisende, wenn er Schuldner des Anweisungsempfängers ist, nicht schon durch die A., sondern erst durch die Zahlung seitens des Angewiesenen von seiner Schuld befreit. Verweigert der Augewiesene die Leistung, oder kann, bez. will der Anweisungsempfänger die A. nicht geltend machen, so hat er hiervon, falls er sich nicht der Haftung aussetzen will, dem Anweisenden unverzüglich Anzeige zu machen. Widerrufen kann der Anweisende gegenüber dem Angewiesenen nur so lange, als letzterer noch nicht gegenüber dem Anweisungsempfänger die A. angenommen oder die Leistung bewirkt hat. Durch Tod oder Eintritt von Geschäftsunfähigkeit eines Beteiligten erlischt die A. nicht, wohl aber verjährt der Anspruch des Anweisungsempfängers gegen den Angewiesenen aus der Annahme in drei Jahren. Eine Übertragung der A. seitens des Anweisungsempfängers auf einen Dritten ist nur mittels schriftlicher Form, und falls der Anweisende die Übertragung nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat, zulässig. Durch die Annahme der A. gegenüber dem Dritten verliert der Angewiesene die Einwendungen aus einem zwischen ihm und dem Anweisungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis. – Kaufmännische Anweisungen (§ 363 des deutschen Handelsgesetzbuches) sind nun nicht mehr wie früher Anweisungen, die von einem Kaufmann über Geld, Wertpapiere oder vertretbare Sachen ausgestellt wurden, sondern nur noch Anweisungen, die auf einen Kaufmann ausgestellt sind. Dieselben können durch Indossament (s. d.) übertragen werden, wenn sie an Order lauten und die Leistung nicht von einer Gegenleistung abhängig gemacht ist. Eine besondere im Bankverkehr übliche Art der A. ist der Scheck (s. d.).

Im Budgetwesen ist das finanzielle Anweisungsrecht das Recht einer Behörde, von Amts wegen oder nach besonderm Auftrag schriftliche Anweisungen an Beamte zur Empfangnahme oder Erhebung von Zahlungen auf Rechnung des Staates oder einer bestimmten Kasse sowie zur Vornahme von Zahlungen auf Rechnung dieses Verpflichteten an Dritte zu geben. Die Generalanweisungen beziehen sich auf ganze Klassen von Geschäften, die Spezialanweisungen auf einzelne Empfänge oder Zahlungsleistungen. Vgl. Wendt, Das allgemeine Anweisungsrecht (Jena 1895).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 602-603.
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