Dei

[588] Dei (Dey, Daji, türk.), eigentlich Oheim mütterlicherseits; so pflegten die Janitscharen den kommandierenden Offizier anzureden, und so hieß von 1600 bis 1830 das Oberhaupt der den Raubstaat Algerien (s.d.) beherrschenden Janitscharenmiliz. Neben diesem besorgte anfangs noch ein von der Pforte ernannter Pascha die eigentliche Regierung des Landes; seit 1710 ward jedoch kein besonderer Pascha mehr ernannt, sondern diese Würde dem jedesmaligen D., der von der Pforte bestätigt werden mußte, erteilt. Der D. selbst nannte sich Wali (Statthalter), Beglerbeg (Fürst der Fürsten) und Seraskier (Oberbefehlshaber). Die Deis wurden von der Janitscharenmiliz zu Algier ernannt, wobei es sehr tumultuarisch herging. Es kam oft zum Blutvergießen, und nicht selten wurde der Gewählte bald wieder von der Gegenpartei ermordet. Der Neugewählte mußte, wenn ihm sein Leben lieb war, die Würde annehmen. Auf den Thron gesetzt und mit dem Ehrenkaftan bekleidet, mußte er den Cid leisten und vorzüglich beschwören, für die regelmäßige Bezahlung der Janitscharen zu sorgen. Die Regierungen der Deis waren selten von langer Dauer, und die meisten starben nicht natürlichen Todes War auch der D. durch kein Gesetz am grausamsten Despotismus gehindert, so war er doch der Sklave seiner Janitscharen, die in ruhigen Zeiten durch einen ihm zur Seite stehenden Diwan, außerdem aber durch Aufruhr und Mord seine Macht beschränkten.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 588.
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