Dreiteilung der strafbaren Handlungen

[192] Dreiteilung der strafbaren Handlungen. Die Mehrzahl der Strafgesetzgebungen unsers Jahrhunderts hat dem französischen Rechte die D. (Trichotomie) in Verbrechen, Vergehen und Übertretungen (crimes, délits, contraventions) entlehnt. Im Anschluß hieran bezeichnet auch das deutsche Strafgesetzbuch eine mit dem Tode, mit Zuchthaus oder mit Festungshaft von mehr als 5 Jahren bedrohte Handlung als Verbrechen, eine mit Festungshaft bis zu 5 Jahren, mit Gefängnis oder mit Geldstrafe von mehr als 150 Mk. bedrohte Handlung als Vergehen und eine mit Hast oder mit Geldstrafe bis zu 150 Mk. bedrohte Handlung als Übertretung (§ 1). Ist hiernach auch die innere Natur der einzelnen strafbaren Handlungen berücksichtigt, so entbehrte doch das Strafgesetzbuch einer Einteilung der strafbaren Handlungen, die dem Wesen der Delikte im allgemeinen entnommen wäre, darum werden denn auch vom Strafgesetzbuch die Vergehen im allgemeinen nicht anders behandelt als die Verbrechen. Wenn in Frankreich die D. die Zuweisung der strafbaren Handlungen an[192] die Gerichte der verschiedenen Ordnungen sehr einfach und übersichtlich gemacht hat (alle Crimes gehören vor das Schwurgericht, alle Délits vor das Zuchtpolizeigericht, alle Contraventions vor den Friedensrichter), so ist auch dieser einzige Vorzug der D. dem deutschen Recht verloren gegangen (vgl. Gerichtsverfassungsgesetz, § 27–29, 73–75, 80, 136). Das Reichsmilitärstrafgesetzbuch kennt nur Verbrechen und Vergehen; die Übertretungen überläßt es der Disziplinarbestrafung. Holland und Italien haben die Dreiteilung verlassen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 192-193.
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