Hermandad

[213] Hermandad (span.), »Bruderschaft«, vor allem die Bündnisse der kastilischen Städte im Mittelalter zu gegenseitigem Schutz und zur Durchführung politischer Zwecke. So verband sich 1282 eine Anzahl von Städten mit Sancho IV. gegen Alfons X., und dieser Bund wurde 1295 erneuert, als Sanchos Tod neue Unruhen hervorrief. Besonders interessant ist die H. von 1315, durch die sich die Städte verbanden, um dem minderjährigen Alfons XI. die Krone ungeschmälert zu erhalten. Eine andre H. in den Jahren 1465–73 unter dem schwächlichen Heinrich IV. hatte vorwiegend den Schutz der Städte gegen die Übergriffe des Adels zum Zweck und besaß bereits eine sehr sorgfältige Organisation. In der H. spielt immer die Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit eine Hauptrolle. Unter dem Namen der heiligen H. schufen Ferdinand und Isabella 1476 eine politischmilitärische Organisation, die alle kastilischen Kronländer umfaßte und kurze Zeit auch auf die aragonischen Länder ausgedehnt wurde. Sie war fast einer ständischen Vertretung gleich, bewilligte Abgaben, hob Truppen aus und hat wesentlich zur Unterwerfung Granadas beigetragen. In Aragonien wurde sie 1498 wieder aufgehoben, in Kastilien aber nur ihrer politischen Funktionen entkleidet und hat als polizeiliche Einrichtung noch lange fortbestanden. Aus ihr ist die unter dem Namen guardia civil bekannte Polizeitruppe hervorgegangen. Obwohl auch religiöse Bruderschaften, wenn auch seltener, als H. bezeichnet werden, ist die H. doch nur aus Mißverständnis mit der Inquisition in Beziehung gebracht worden.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 213.
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