Horae canonĭcae

[546] Horae canonĭcae (lat., »kanonische Stunden«, auch Horae regulares) heißen in der katholischen Kirche die Stunden des Tages, die zu den Gebeten der Geistlichen und Mönche bestimmt sind und in den Klöstern durch Geläute verkündigt wurden, weil der Beginn des ersten und letzten Stundengebets sich je nach der Jahreszeit verfrühte oder verspätete und deshalb nie nach der wahren Zeit richtete. Während des Mittelalters bildeten die H. die eigentliche Einteilung des Tages von ungefähr 3 Uhr morgens bis 6 oder 7 Uhr abends, und die Abhaltung dieser Horen, bei denen Psalmenabschnitte aus dem Alten und Neuen Testament, Gebete und Hymnen der Kirchenväter, Responsorien etc. (s. Brevier) gesungen wurden (Hora-Singen), bildete einen wesentlichen Teil des Chordienstes (s. d.). Die H., deren es sieben gibt, heißen einzeln: 1) Matutina (sc. hora), vom Matutinum (sc. officium, Frühmette, Mette) so genannt, das in den Klöstern in der Regel um 3 Uhr morgens begann, wogegen die Weltgeistlichkeit es anfangs später hinausschob und zuletzt am Abend vorher antizipierte, währte streng genommen von Mitternacht bis zur Prima, indem die sogen. Landes oder Lobgebete sich unmittelbar an die Mette anschlossen; 2) Prima, Prima (erste Stunde), von 5 oder 6 Uhr morgens bis zur Tertia; 3) Tertia, Terz (dritte Stunde), von 8 oder 9 Uhr morgens bis zur Sexta; 4) Sexta, Sexte (sechste Stunde), von 11 oder 12 Uhr bis zur Nona; 5) Nona, None (neunte Stunde), von 2 oder 3 Uhr nachmittags bis zur Vesper; 6) Vespera (hora vespertina), Vesper, von 4 oder 5 Uhr nachmittags bis zur zweiten Vesper; 7) Completorium (hora completa), Komplet, gleich nach Sonnenuntergang. Vgl. Bilfinger, Die mittelalterlichen Horen und die modernen Stunden (Stuttg. 1892).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 546.
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