Korsett

[514] Korsett (franz. corset), Leibchen, später soviel wie Schnürbrust, Schnürleibchen, Schnürmieder, in der ursprünglichen Bedeutung des Wortes corset ein nach der Form des Unterkleides geschnittenes Unterfutter, das im Laufe des 13. Jahrh. zu einem selbständigen Stück der Frauenkleidung wurde. Als im 14. Jahrh. die am Oberkörper eng anliegende Tracht aufkam, wurde das Kleid der Frauen vorn aufgeschnitten und durch Knöpfe oder Schnürbänder eng zusammengezogen. Wahrscheinlich kam damals auch das Schnürmieder auf, das über dem Hemd getragen wurde. Im 15. Jahrh. war es bereits allgemein üblich, und um die Mitte des 16. Jahrh. kamen mit Fischbeinstäben durchsteifte Unterziehleibchen auf, die auch von Männern getragen, von diesen aber zu Ende des Jahrhunderts wieder aufgegeben wurden. Von den Frauen wurde seit der Mitte des 15. Jahrh. die Einschnürung des Oberkörpers so stark betrieben, daß die Brust völlig abgeflacht wurde. Die eigentlichen Korsetts, d. h. mit Fischbein ausgesteifte Unterziehleibchen, wurden besonders durch Katharina von Medicis in die Mode gebracht und erhielten sich darin unter stetiger Vermehrung der Fischbeinstäbe, so daß der Oberkörper zuletzt völlig seine natürliche Form verlor. Seit der Mitte des 17. Jahrh. erhielt das K. eine weitere Ausbildung, indem es von den Hüften aus durch keilförmige Stücke festen Zeugs, die mit starken Fischbeinstäben und einem eisernen »Blanck-Scheid« verbunden waren, trichterförmig erweitert wurde. Dazu kamen zum Einschlagen der Schnürsenkel an der Vorderseite zwei senkrecht aufsteigende Stäbe. Dagegen hörte die Abflachung der Brust auf, indem ausgewölbte Widerlager für die Brüste angebracht wurden. Im 18. Jahrh. kam die Schnürung an der Rückseite auf, wogegen die Vorderseite ganz geschlossen blieb. Erst um 1790 ließ die Einschnürung nach, so daß die natürlichen Formen freier hervortreten konnten, und bald darauf wurde, unter dem Einfluß der durch die französische Revolution aufgekommenen römisch-griechischen Trachten, das K. gänzlich abgeschafft. Um 1810 trat aber bereits wieder eine Reaktion ein, indem die Taille verlängert wurde und im Gefolge davon ein zunächst nur loses Schnürleibchen eingeführt wurde, das sich aber im Laufe des folgenden Jahrzehnts wieder bis zu der Form des gesteiften Korsetts auswuchs. Seit 1820 nahm die Korsettfabrikation einen hohen Aufschwung, der sich auch darin äußerte, daß zahlreiche Veränderungen und Verbesserungen ersonnen wurden, um der schädlichen Einwirkung des Korsetts auf die Körperentwickelung und den Gesundheitszustand zu begegnen, die schon frühzeitig erkannt worden ist, doch sind alle auf die gänzliche Abschaffung des Korsetts gerichteten Bestrebungen bis jetzt gescheitert (s. Kleidung). Vgl. Zwei von der Erziehungsanstalt in Schnepfenthal veranlaßte Preisschriften (1788); Sömmering, Über die Wirkung der Schnürbrüste 1793; Creve, Medizinischer Versuch einer modernen weiblichen Kleidung, die Brüste betreffend (Wien 1794); Leoty, Le corset à travers les âges (Par. 1893); O'Followell, Le corset. Histoire, médicine, hygiène (das. 1905). – Elastisches K., s. Orthopädie.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 514.
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