Larve

[204] Larve (Larva), ursprünglich Bezeichnung für Gestalten des altitalischen Volksglaubens, die in der Unterwelt die Sünder plagen und auf Erden als Gespenster die Menschen schrecken, später für böse Geister der Verstorbenen im Gegensatz zu den Laren (s. d.) galten; auch für Gerippe und bereits in der jetzigen Bedeutung als Gesichtsmaske (s. Maske) gebraucht. Vgl. Treu, De ossium humanarum larvarumque imaginibus (Berl. 1874). – In der Zoologie versteht man unter L. bei den Tieren mit Metamorphose (s. d.) diejenige Form, in der das dem Ei entschlüpfte Junge zunächst erscheint, wie z. B. die L. des Frosches, mancher Insekten (s. Tafeln »Hautflügler«, »Käfer«, »Schmetterlinge«) etc., die als Kaulquappe, Raupe, Made, Engerling etc. bezeichnet wird. Bei den wirbellosen Tieren ist die Entwickelung durch Larven sehr häufig, bei den Wirbel lieren dagegen recht selten, sie kommt hier nur bei Fischen und Amphibien vor. Die L. unterscheidet sich vom erwachsenen Tier durch das Fehlen von Organen, die letzterm eigen sind (fast immer der Geschlechtsorgane), oder durch das Vorhandensein von provisorischen, später abzuwerfenden Organen (bei der Kaulquappe z. B. des Schwanzes). Ein und dasselbe Tier kann mehrere Larvenformen durchmachen; diejenige, die sich, ohne weitere Nahrung aufzunehmen und vielfach auch ohne sich zu bewegen, in das vollendete Tier (Imago) umwandelt, heißt Puppe. Die Larven vieler Tiere leben unter ganz andern Verhältnissen als die ausgebildeten Tiere, erstere z. B. im Wasser, letztere auf dem Land, erstere als Kriech-, letztere als Fliegetiere, erstere als Fleischfresser, letztere als Honigsauger etc., womit große Verschiedenheiten des Baues verbunden sind. Von nahe verwandten Tieren (z. B. Hummer und Flußkrebs) schlüpft das eine (Hummer) aus dem Ei als L., das andre (Flußkrebs) in vollendeter Gestalt; doch sind dann in der Entwickelung des letztern im Ei meist noch Spuren davon wahrzunehmen, daß auch hier ursprünglich eine L. vorhanden war, später jedoch die Entwickelung den kürzern Weg eingeschlagen hat (vgl. Entwickelungsgeschichte, mit Tafeln).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 204.
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