Hummer

[637] Hummer (Homarus M. Edw.), Gattung aus der Familie der Hummern (s. Krebse), vom Flußkrebs nur wenig verschieden Der gemeine H. (H vulgaris M. Edw.) wird 0,5 m lang und ist blau und schwarz marmoriert. Das Weibchen trägt mehrere tausend Eier unter dem Schwanz bis zum Ausschlüpfen der abweichend gestalteten Jungen. Der H. wird in großer Zahl (in Europa 5–6 Mill. im Jahr) gefangen und größtenteils in England und Nordamerika konsumiert. Als die besten Hummern von Nordeuropa gelten die norwegischen (0,25–1 kg schwer), sodann die schwedischen, die Helgoländer, die französischen und jütischen. Die Norweger und Schweden sind oberseits meist dunkel kastanienbraun, die Helgoländer wesentlich heller, graubraun, die Franzosen und Jüten hell- oder dunkelblau, gelbbraun, sehr dickschalig. Man fängt den H. meist mittels eiserner oder hölzerner Körbe, die mit Fischen oder zerstampsten Krabben beködert und dann versenkt werden. Die gefangenen Hummern werden an der französischen und amerikanischen Küste in großen Hummerparken gehalten. In Helgoland, wo man jährlich 30,000 Stück fängt, hält man den Vorrat in großen Fischkasten. Der H. muß lebend versandt werden, er verträgt aber keinen Frost und muß im Winter gut geschützt werden. Erstarrte Hummern sind noch verwendbar, wenn man sie in kaltem Wasser auftaut und sofort kocht. Im Sommer verderben tote Hummern in wenigen Stunden. Beim Transport durchschneidet man, um sie wehrlos zu machen, die Muskeln der Scheren oder bindet diese zu. Viel bedeutender als in Europa ist der Verbrauch in Nordamerika, wo allein in Boston jährlich etwa 1 Mill. verkauft werden. Da der Hummerfang an den europäischen Küsten den Bedarf nicht deckt, so gelangt auch amerikanischer H. in großen Mengen nach Europa. Bedeutende Hummerzucht blüht seit mehr als zehn Jahren in Neuseeland, und das dort geübte Verfahren hat sich auch auf Jersey und Guernsey bewährt. Man[637] beinutzt hölzerne Brutkasten mit abgerundetem Boden und abhebbarem Deckel, die auf dem Meere schwimmen. Die schaukelnde Bewegung bewirkt durch zwei Öffnungen im Kasten die nötige Wasserzirkulation. Die Eier werden den Hummern durch Abschaben mit einem Löffel entnommen und sofort in den Kasten auf einen zweiten Boden aus seinem Drahtgewebe gebracht. Abgestorbene Eier müssen täglich entfernt werden. Nach 14 Tagen schlüpfen die Jungen aus, die vom vierten Tag an mit kleingehackter Fischleber, Eidotter, Mehl etc. gefüttert werden. Nach wenigen Tagen muß man aber die Tiere ins Freie lassen, weil sie sich in dem Behälter gegenseitig auffressen. Ein H. liefert über 10,000 Eier, aber nur ein geringer Prozentsatz der Jungen erhält sich. Immerhin ist der Erfolg in Neuseeland so großartig, daß umfangreiche Konservenfabriken angelegt werden konnten, die ihre Fabrikate in die ganze Welt versenden. – Der H. ist wohlschmeckend, aber für viele schwer verdaulich, besonders das in Blechbüchsen konservierte Fleisch. Die Scheren enthalten feineres Fleisch als die Schwänze, als größte Delikatesse gilt aber das Fleisch in der Brustschale. Am besten ist bei uns der H. zwischen Ostern und Johannis. Man genießt ihn meist kalt, bei seinen Mahlzeiten vor dem Braten.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 637-638.
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