Löffel [1]

[654] Löffel (Eßlöffel) werden aus Metall, Holz, Horn, Hartgummi, Elfenbein, Porzellan und Glas gefertigt. Die Fabrikation der eisernen L. nach alter Methode besteht darin, daß der Plattenschmied das eine Ende eines 4–6 mm dicken Eisenstabes zu einer Platte und den andern Teil zu einem Stiel ausschmiedet, und daß darauf der Schwarzarbeiter mit kegelförmigen Hämmern mit runder Bahn und auf einem Amboß, der die Rundung, die der L. erhalten soll, in verschiedener Tiefe enthält, die Platte zu einer Larve formt. Der von den überstehenden Rändern mit der Schere und Feile und in verdünnter Salzsäure vom Oxyd befreite, in Sägespänen getrocknete L. wird dann verzinnt und auf poliertem Amboß mit polierten Hämmern bearbeitet und an den Rändern geebnet. Nach der neuen Methode erzeugt man L. aus Blech (Blechlöffel aus Weißblech, silberne L. etc.) durch Ausschneiden auf Durchschnitten und Formen mittels Pressen oder Fallwerke zwischen Prägstempeln (Löffelstampfen), die zugleich die auszuprägenden Verzierungen erhalten. Zinnerne L. werden in messingenen zweiteiligen Formen gegossen. Holzlöffel und Elfenbeinlöffel, mit Raspel, Sägen etc. hergestellt, werden geschnitzt; Hornlöffel fertigt man durch heißes Pressen aus Hornplatten, die man mit der Laubsäge zuschneidet. Ähnlich erzeugt man die L. aus Hartgummi. Der L. gehört neben dem Messer zu den ältesten Speisegeräten der Menschen. Die Assyrer hatten bronzene und kupferne L., die Ägypter solche aus Holz und Elfenbein mit kunstvollem Schnitzwerk. Der Stiel wurde gewöhnlich von Figuren oder Pflanzen gebildet. Die ägyptischen L., die sich erhalten haben, sind meist keine Eßgeräte, sondern Parfümlöffel zum Streuen von wohlriechenden Kräutern oder Pulvern auf die Räucherpfanne. Die Griechen und Römer brauchten die L. anfangs nur zum Schöpfen von Wein etc. aus größern Gefäßen in kleinere (Schöpfkellen). Doch gab es bei den Römern auch L., deren Form mit der gegenwärtig üblichen verwandt ist. Nur sind die römischen L. vorn zugespitzt, da sie auch zum Öffnen von Eiern, Austern und Schnecken benutzt wurden. Von den Römern ging der L. in den Gebrauch des Mittelalters über und wurde als Hostien- und Weihrauchlöffel (s. Tafel »Christliche Altertümer II«, Fig. 2 u. 6) liturgisches Gerät. Diese meist silbernen, seltener aus Kristall oder aus Edelsteinen gefertigten L. sind bisweilen mit Inschriften, Namen und Monogrammen versehen, die ihre kirchliche Bestimmung kennzeichnen. Die Renaissance behandelte den L. als Luxusgerät. Silberne und goldene L. wurden ziseliert und graviert und mit reich ornamentierten Stielen versehen. Daneben gab es L. aus Elfenbein, Perlmutter, Horn, Knochen und festem Holz (Buchsbaum), deren Stiele von geschnitzten Figuren gebildet waren. Aus Holz geschnitzte L. und Gabeln (für Salat) werden noch heute von Gebirgsbewohnern (Schweiz, Tirol, Oberbayern, Thüringen) verfertigt und an den Stielen mit Figuren, Köpfen, Blumen etc. verziert (vgl. auch Apostellöffel). – Die Redensart: Über den L. barbieren wird so erklärt: Alten zahnlosen, runzeligen Leuten steckten die Barbiere ehemals einen L. in den Mund, damit sich die runzelige Backe glatt wölbe und so leichter rasieren lasse. Da sich dieses Mittels besonders die Barbiere auf dem Lande bedienten, die in der Kunst des Rasierens nicht gerade gewandt waren, so bedeutet die Redensart ursprünglich: jemand behandeln wie einen Bauern, nicht gerade glimpflich; heute bedeutet sie geradezu: jemand betrügen. – In der Jägersprache heißen L. die Ohren der Hafen und Kaninchen. – Scharfer L. heißt ein chirurgisches Instrument, das eine verschieden große löffelförmige, mit geschärften Rändern versehene Höhlung trägt und zum Abschaben krankhaften Gewebes, z. B. an Geschwüren und bei Knochenfraß, dient.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 654.
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