Mastdarmentzündung

[418] Mastdarmentzündung (Proktitis), in höhern Graden gewöhnlich verbunden mit Entzündung und eiteriger Infiltration des Zellgewebes in der Nachbarschaft des Mastdarms (Periproktitis), bewirkt brennende, zuweilen sehr heftige Schmerzen im After mit zeitweisem Afterzwang (Tenesmus) oder schmerzhaftem Herausziehen des Afters sowie Schmerzen in Schenkel, Hüfte, Harnblase und andern benachbarten Organen. Der After ist gerötet, wulstig vorgetrieben und heiß. Oft ist Kotverhaltung, oft aber auch, und zwar gleichzeitig mit letzterer, ein häufiger Abgang von glasigem, mit Blut gemischtem oder eiterig trübem Schleim vorhanden, so daß dse Krankheit Ähnlichkeit mit der Ruhr bekommt. Das Abgehen des Stuhles verursacht heftigen Schmerz, und der Kranke hält daher den Stuhl möglichst lange zurück. Hierzu gesellen sich häufig Harnbeschwerden bis zur vollständigen Harnverhaltung infolge von Reizung des Blasenhalses. Von den Ursachen der M. sind zu nennen das Vorhandensein von Hämorrhoidalknoten, Geschwüren und Einrissen der Schleimhaut, der Durchgang von Splittern, harten Speiseresten und sehr festen Kotmassen, Reizung durch Würmer, besonders durch die bei Kindern so häufig vorkommenden Maden- oder Springwürmer (Oxyuriden), Erkältung durch Sitzen auf kaltem und nassem Boden. Manche Formen beruhen auf der Einwirkung spezifischer Mikrobien; hierher gehört besonders die M. infolge von Tripperinfektion, bei Syphilis, Tuberkulose, Diphtherie und Ruhr. Die M. geht, wenn sie nicht schnell gehoben wird, leicht in Geschwürsbildung auf der Innenfläche über, kann auch Mastdarmfisteln (s. d.) im Gefolge haben. Die Behandlung besteht in der Entfernung der Ursachen, Anwendung von Blutegeln, Eis, auch Ätzung der zugänglichen Schleimhaut mit Höllenstein.

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 418.
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