Müllner

[239] Müllner, Amadeus Gottfried Adolf, Schriftsteller und Dichter, geb. 18. Okt. 1774 in Langendorf bei Weißenfels, Schwestersohn des Dichters Bürger, studierte in Leipzig die Rechte, wurde 1798 Rechtsanwalt in Weißenfels, gab 1816 seine Praxis auf und starb daselbst 11. Juni 1829. Als Dichter trat M. (anonym) zuerst mit dem Roman »Inzest« (Greiz 1799, 2 Bde.) vor die Öffentlichkeit und schrieb dann eine Anzahl Lustspiele für ein Liebhabertheater, wie: »Der angolische Kater«, »Der Blitz«, »Die Rückkehr aus Surinam«, »Die großen Kinder«, »Die Onkelei« etc. (gesammelt in den »Spielen für die Bühne«, Leipz. 1815–21, 2 Bde., und im »Almanach für Privatbühnen«, das. 1817–19, 3 Bde.), die sich meist an französische Vorbilder anlehnen. Sein dichterischer Ruf beruht aber auf seinen Tragödien: »Der neunundzwanzigste Februar« (Leipz. 1812), einem matten Nachklang des Wernerschen Trauerspiels »Der vierundzwanzigste Februar«, ferner »Die Schuld« (zuerst ausgeführt am Wiener Burgtheater 1813, gedruckt Leipz. 1816), »König Yngurd« (das. 1817) und »Die Albaneserin« (Stuttg. 1820). Wie »Der neunundzwanzigste Februar«, so gehören auch »Die Schuld« und »Die Albaneserin« zur Gattung des Schicksalsdramas (s. d.). Allerdings ist bei M. die Schicksalsidee in rein äußerlicher Weise mit der Handlung verknüpft, z. B. in der »Schuld« wird der Erbfluch dadurch motiviert, daß der Stammhalter des fluchbeladenen Geschlechts einer Bettlerin ein Almosen verweigerte. Im »König Yngurd« hat der Held Züge vom Charakter Napoleons, auch hier ist, wie in den Schicksalstragödien, ein Inzest in die Handlung verflochten. Trotz ihrer sehr anfechtbaren Tragik haben Müllners Tragödien eine Zeitlang von der deutschen Bühne herab eine bedeutende Wirkung geübt, zumal da Schauspieler, wie Eßlair (s. d.), mit Vorliebe in den effektvollen Hauptrollen auftraten, auch haben sie eine ganze Reihe geistesverwandter dramatischer Produkte hervorgerufen. Seit 1820 wandte sich M. ausschließlich der literarischen und dramaturgischen Kritik zu, die er in sehr parteiischer und cliquenhafter Weise handhabte. Er führte 1820–25 die Redaktion des »Literaturblattes« zum »Morgenblatt« und gab dann 1823 die Zeitschrift »Hecate«, seit 1826 das »Mitternachtsblatt« selbständig heraus. Auch als juristischer Schriftsteller ist M. aufgetreten. Seine Dichtungen erschienen als »Dramatische Werke« (Braunschw. 1828, 8 Bde.); zuvor schon hatte er »Vermischte Schriften« (Stuttg. 1819–26, 2 Bde.) herausgegeben. Vgl. Schütz, Müllners Leben, Charakter und Geist (Meißen 1830); Höhne, Zur Biographie und Charakteristik Müllners (Wohlau 1875).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 239.
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