Rechtseinheit

[666] Rechtseinheit besteht, wenn ein aus mehreren Territorien bestehendes Staatsgebiet die nämliche Gesetzgebung besitzt. Gegensatz: Rechtszersplitterung, wie sie z. B. im Privatrecht bisher in Deutschland bestand, wo nicht nur in den einzelnen Bundesstaaten, sondern auch in den einzelnen Teilen der Bundesstaaten vielfach verschiedene Rechtsordnungen galten. Das bürgerliche Gesetzbuch für das Deutsche Reich hat im wesentlichen die R. auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechtes hergestellt, wie sie für das Strafrecht durch das Strafgesetzbuch vom 31. Mai 1870 und im Prozeßrecht seit 1. Okt. 1879 infolge der sogen. Justizgesetze gilt. R. besteht ferner im Deutschen Reich auf dem Gebiete des Handelsrechts, auf dem des Militärstrafrechts- und Militärstrafgerichtsverfahrens, auf dem Gebiete des Urheber- und Verlagsrechts sowie auf dem des privaten Versicherungsrechts. Eine völlige R., d. h. daß überall in Deutschland die gleichen Gesetze gelten, ist nicht durchführbar, da mit Recht eine gewisse Rücksicht auf Volks- und Landeseigentümlichkeiten gefordert werden kann. Immerhin ließe sich noch in vielen Beziehungen eine weitergehende und größere R. durchführen, wenn die Gesetze nur mit Rücksicht auf das Volkswohl und ohne Rücksicht auf die Parteipolitik angenommen würden.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 666.
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