Tibbu

[520] Tibbu (Tebu, Tubu), Volk der östlichen Sahara, von Rohlfs zu den Negern, von Nachtigal zu den Berbern gerechnet, das seine Hauptsitze in Tibesti, Borgu und Wadschanga hat, aber von Fessan (Norden) bis Kanem und Wadai (Süden) und von der Libyschen Wüste (Osten) bis über die Karawanenstraße von Bilma nach Kuka (Westen) reicht; sie sind als Kaufleute und Boten im zentralen Sudân überall verbreitet. Die T. zerfallen in die sprachlich getrennten Teda (Tubu) in Tibesti und Kauar und Dasa (Koran) in Borku, Kanem und dem Gebiete des Gazellenflusses in Wadai. Die Sprache der Teda ist nach den Untersuchungen von Barth, der die T. für Nachkommen der alten Garamanten (s. d.) hält, und Fr. Müller entschieden verwandt mit dem benachbarten Kanuri von Bornu. Mittelgroß, sehr mager und zierlich gebaut, schwankt ihre Hautfarbe zwischen Dunkelbraun und Kupferrot, die Gesichtsbildung ist, wenn auch nicht stark ausgesprochen, negroid, der Bartwuchs spärlich. Sie sind ausdauernd und gewandt, zugleich aber argwöhnisch, räuberisch und betrügerisch. Das um die Lenden geschlagene Schaffell wird mehr und mehr von der Tobe des Sudâns verdrängt, Kopfbedeckung ist der Turban mit dem Gesichtsschleier. Sie wohnen sehr reinlich in Felsenhöhlen, kreisrunden Häusern aus geschichtetem Sandstein oder mit Matten bedeckten Stabhütten. Ihre gewerbliche Tätigkeit bildet Gerben von Häuten und Anfertigen von Schläuchen durch die Männer, Flechten von Matten aus Palmfasern durch[520] die Weiber. Gesellschaftlich sind sie in drei Klassen geschieden: die Maina (Edlen), aus denen die in ihrer Macht beschränkten Sultane (Derde) hervorgehen, das übrige Volk und die eine Pariastellung einnehmenden Schmiede. Geschriebene Gesetze fehlen; die gesellschaftliche Ordnung beruht auf Herkommen, wozu seit Einführung des Islams der Koran kommt. Eine Nation oder einen Staat bilden die T. nicht; auch da, wo, wie in Kauar und Tibesti, mehrere Ortschaften unter gemeinsamem Herrscher stehen, ist der Verband sehr locker. Bei den Arabern heißen sie Zaghawa. Vgl. Behm, Land und Volk der Tebu (im Ergänzungsheft Nr. 8 zu Petermanns Mitteilungen, 1862); Nachtigal, Die T. (in der »Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin«, 1870) und Sahara und Sudân (3 Bde. das. 1879–81 u. Leipz. 1889); Rohlfs, Quer durch Afrika, Bd. 1 (Leipz. 1874), und Karte bei Guinea.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 520-521.
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