Nachtigal

[365] Nachtigal, Gustav, Afrikareisender, geb. 23. Febr. 1834 in Eichstedt bei Stendal, gest. 19. April 1885, studierte Medizin, wirkte als Militärarzt in Köln und ging 1863 aus Gesundheitsrücksichten nach Algerien. Später siedelte er nach Tunis über und wurde Leibarzt beim Chasnadar des Beis, in welcher Eigenschaft er mit der tunesischen Armee einen Feldzug gegen Aufständische mitmachte. 1868 auf Rohlfs Empfehlung mit der Überbringung der Geschenke des Königs von Preußen für den Sultan Omar von Bornu beauftragt, brach N. im Januar 1869 von Tripolis auf, machte von Fessan einen gefahrvollen Abstecher nach Tibesti und erreichte im Juli 1870 Kuka, die Hauptstadt von Bornu. Von hier aus unternahm er wichtige Reisen nach Nordosten zur Oase Borku und nach Südosten ins Land Bagirmi und kehrte dann über Wadai, Dar Für, Kordofan und Kairo nach Europa zurück, wo er 1875 anlangte. Diese lange Reise, auf der N. als erster Europäer die Länder Tibesti, Borku und Wadai kennen lernte, erhob ihn zu einem Entdeckungsreisenden ersten Ranges. Die Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin erwählte N. zu ihrem Präsidenten, welches Amt er niederlegte, als die deutsche Regierung ihn 1882 zum Generalkonsul in Tunis ernannte. Hier erhielt er 1884 den Auftrag, die Westküste Afrikas zu besuchen und die Küstenstrecken, an denen deutsche Interessen des Schutzes bedürftig waren, unter die deutsche Reichshoheit zu stellen. Nachdem er seine Aufgabe mit Erfolg gelöst hatte, wodurch Togo, Kamerun und Lüderitzland deutsches Kolonialgebiet wurden, machte er sich, schwer erkrankt, auf den Heimweg, starb aber schon an Bord der Möwe auf der Höhe von Kap Palmas, wo man ihn bestattete. 1887 wurden seine Gebeine nach Kamerun übergeführt, wo ihm bei dem Gouvernementsgebäude ein Denkmal errichtet ist. Die Ergebnisse seiner Reise enthält das große Werk »Sahara und Sudân« (Berl. 1879–89, 3 Bde.; der 3. Band nach seinem Tode hrsg. von E. Groddeck; im Auszug bearbeitet von Fränkel, Leipz. 1887). Sein Bildnis s. Tafel »Afrikaforscher II«. Seine Büste in Marmor wurde 1892 im Museum für Völkerkunde zu Berlin aufgestellt; in Stendal wurde ihm ein Denkmal errichtet. Vgl. Dorothea Berlin, Erinnerungen an Gustav N. (Berl. 1887); Ruhle, Gustav N. (Münst. 1892).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 365.
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