Vielliebchen-Essen

[153] Vielliebchen-Essen, die Sitte, Zwillingsfrüchte oder die in Krachmandeln etc. vorkommenden Doppelkerne geteilt zu essen, worauf die Beteiligten sich beim Wiedersehen mit »Guten Morgen, Vielliebchen« zu begrüßen haben und derjenige, der dies zuerst tut, vom andern ein Geschenk erwartet. Nach altfranzösischen Variationen dieses Spieles verliert z. B. derjenige, der zuerst aus der Hand des andern etwas annimmt, ohne J'y pense (»ich denke daran«) zu sagen, das Vielliebchen, oder es hat derjenige die Buße zu zahlen, der irgendwo ohne ein grünes Blatt angetroffen wird, woher die altfranzösische Redensart prendre quelqu'un sans vert, d. h. jemand überraschen, herrührt. Vielliebchen (im Französischen mißverständlich umgeformt in Philippine) nannte auch im Mailehen (s. d.) der Ersteigerer sein Mädchen. Das Wort V. ist eine volksetymologische Umformung des litauischen Wortes filibas, das die »Pärchen«, zwei Haselnußkerne in Einem Gehäuse, bezeichnet.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 153.
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