Essen [1]

[115] Essen, 1) (E. an der Ruhr) Stadt (Stadtkreis, hierzu der Stadtplan mit Registerblatt) im preuß. Regbez. Düsseldorf, im Mittelpunkt des Ruhrkohlengebiets, 79 m ü. M., ist ein mächtig aufblühender Fabrikort.

Wappen von Essen.
Wappen von Essen.

Unter den gottesdienstlichen Gebäuden (6 evangelische, 12 katholische und eine altkath. Kirche und eine Synagoge) ist besonders das katholische Münster mit reicher Schatzkammer u. trefflichen Gemälden bemerkenswert. Dasselbe, 873 gestiftet, ist eine der kunsthistorisch merkwürdigsten Kirchenanlagen. Aus dem 10. Jahrh. stammend, hat es große Ähnlichkeit mit der Pfalzkapelle in Aachen, im Äußern ein Achteck zwischen zwei polygonen Ecktürmen, aber kein selbständiger, ganzer Kuppelbau, sondern nur ein[115] von drei Seiten des Achtecks gebildeter Halbkuppelbau. Unter dem östlichen der beiden Chöre eine 1051 geweihte Krypte. Bei der neuerdings vorgenommenen Restauration haben sich noch Malereien aus dem 12. und 14. Jahrh. vorgefunden, die nunmehr erneuert worden sind. Im Domschatz sind merkwürdig ein siebenarmiger Leuchter von 972 als Nachbildung des Salomonischen Leuchters im Tempel zu Jerusalem sowie vier Prachtkreuze mit Email und Edelsteinen und zahlreiche Monstranzen. Unter den Profanbauten sind bemerkenswert: das neue gotische Rathaus und das Kreishaus für den Landkreis E. E. besitzt Denkmäler von Kaiser Wilhelm I. auf dem Burgplatz, von Bismarck auf dem Bismarckplatz, zwei Denkmäler Alfred Krupps (das eine ist von der Stadt auf dem Marktplatz, das andre von den Beamten und Arbeitern am Eingang zur Fabrik errichtet) und ein Kriegerdenkmal. Die Zahl der Einwohner beläuft sich (1900) auf 118,862 Seelen, darunter 53,615 Evangelische und 1807 Juden. Nach der Eingemeindung des Dorfes Altendorf 1901 betrug die Einwohnerzahl 182,100, darunter 76,635 Evangelische und 1870 Juden. Unter den industriellen Etablissements nimmt die Kruppsche Gußstahlfabrik die erste Stelle ein (s. Krupp). Außerdem hat die Stadt Puddlings- und Walzwerke, Maschinen-, Dampfkessel- und Schraubenfabrikation, bedeutenden Steinkohlenbergbau, Fabriken für Kunstwolle, Zigarren etc., ferner Färberei, Bierbrauerei etc. Der Handel befaßt sich vorzugsweise mit den Erzeugnissen der Eisen- und Kohlenindustrie, ihn unterstützen eine Handelskammer, eine Reichsbankstelle (Umsatz 1902: 3002,5 Mill. Mk.), zahlreiche Privatbanken und das Rheinisch-Westfälische Kohlensyndikat. Für den Eisenbahnverkehr ist E. mit vier Bahnhöfen Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Ruhrort-Holzwickede, E.-Bismarck-Herne, E.-Bochum-Herne u. a. Dem Verkehr in der Stadt dient eine elektrische Straßenbahn. An Bildungs- und ähnlichen Anstalten besitzt E. ein Gymnasium, ein Realgymnasium, eine Oberrealschule, eine Handwerker- und Kunstgewerbeschule, eine Handelsschule, eine Bergschule, eine Taubstummen- und eine Idiotenanstalt, 2 Waisenhäuser, ein Theater, eine permanente Kunstausstellung etc. Von Behörden haben in E. ihren Sitz: das Landratsamt für den Landkreis E., ein Landgericht, ein Bergrevier und eine Eisenbahndirektion. Die städtischen Behörden zählen 12 Magistratsmitglieder und 48 Stadtverordnete. Die städtischen Einnahmen betrugen 190 1/2: 7,4 Mill., die Schuld 24,5 Mill. Mk. Zum Landgerichtsbezirk E. gehören die 9 Amtsgerichte zu Borbeck, Bottrop, Buer, Dorsten, E., Gelsenkirchen, Hattingen, Steele und Werden. – E. war ehemals der Sitz einer Benediktiner-Frauenabtei, die 873 vom Bischof Alfred von Hildesheim als Nonnenkloster gestiftet und 1275 in eine reichsunmittelbare, gefürstete Frauenabtei umgewandelt wurde, die aber auch 20 Stiftsherren enthielt. Das Kapitel bestand aus 10 Prinzessinnen und Gräfinnen; die Äbtissin, die meist einem regierenden Haus entnommen wurde, hatte als Reichsfürstin Sitz und Stimme auf der rheinischen Prälatenbank. Das Gebiet der Abtei umfaßte auf 110 qkm (2 QM.) die Städte E. und Steele und mehrere Dörfer. Sie wählte 1275 den König Rudolf zum Schirmvogt; später erhielten die Grafen von der Mark, 1495 die Herzoge von Jülich-Kleve-Berg und 1609 die Kurfürsten von Brandenburg die Schirmvogtei. 1803 wurde das Stift säkularisiert und kam an Preußen, ward 1807 mit dem Großherzogtum Berg vereinigt, 1814 aber an Preußen zurückgegeben. Vgl. Funcke, Geschichte des Fürstentums und der Stadt E. (Elberf. 1851); »Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift E.« (Essen 1882ff.); Kellen, Die Industriestadt E. in Wort und Bild (das. 1902); Zweigert, Die Verwaltung der Stadt E. im 19. Jahrhundert (das. 1902). – 2) Gemeinde im oldenburg. Amt Kloppenburg, an der Alten Haase, Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Oldenburg-Osnabrück und E.-Löningen, hat eine evang. Kapelle, eine kath. Kirche, höhere Bürgerschule und (1900) 889 (als Gemeinde 3150) Einw.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 115-116.
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