Villeroi

[170] Villeroi (spr. wil'rŭá), franz. Adelsgeschlecht: 1) Nicolas de Neufville, Seigneur de V., geb. 1542, wußte sich die Gunst der Katharina von Medici zu erwerben und war Staatssekretär für das Auswärtige unter Karl IX., Heinrich III., Heinrich IV. und Ludwig XIII. Er starb 1617 in Rouen und hinterließ unter anderm die berühmten »Mémoires d'Etat de puis 1567 jusqu'en 1604« (Par. 1622; mit einer Fortsetzung bis 1620, das. 1634). Vgl. Zeller, Marie de Médicis et V. (Par. 1897).

2) Nicolas de Neufville, Marquis, dann Herzog von V., Enkel des vorigen, geb. 1597, gest. 28. Nov. 1685, zeichnete sich als Krieger in Italien, Katalonien und Lothringen aus, wurde 1646 Marschall und zugleich Erzieher Ludwigs XIV., 1661 Chef des Finanzrats und erhielt 1663 die Würde eines Pairs und Herzogs.

3) François de Neufville, Herzog von V., Sohn des vorigen, geb. 7. April 1644, gest. 18 Juli 1730, war mit Ludwig XIV. erzogen worden, dessen Günstling er wurde. 1693 zeichnete er sich bei Neerwinden aus, ward dafür zum Marschall ernannt und befehligte 1695–96 in den Niederlanden, bewies aber militärische Unfähigkeit. Dennoch erhielt der gewandte Höfling im Spanischen Erbfolgekrieg (im Sommer 1701) das Kommando der in Italien gegen den Prinzen Eugen kämpfen den Armee, an deren Spitze er 1. Sept. den unklugen und verunglückten Angriff auf Chiari unternahm und 1. Febr. 1702 in Cremona von Eugen überfallen und gefangen genommen ward. Wieder in Freiheit gesetzt, erhielt er zu Anfang 1706 den Oberbefehl über die Armee in den Niederlanden, ward aber von Marlborough bei Ramillies geschlagen. Auf Antrieb der Maintenon bestimmte ihn Ludwig XIV. in seinem Testament zum Gouverneur des jungen Ludwig XV. Nachdem letzterer die Mündigkeit erlangt, ließ der Herzog von Orléans V. 12. Aug. 1722 wegen Intrigen gegen ihn verhaften und verbannte ihn auf sein Gut V. Später übernahm er das Gouvernement von Lyon, und nach Ludwigs XV. Volljährigkeitserklärung erschien er wieder in Paris.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 170.
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