Wan [2]

[362] Wan (Van), Hauptstadt des gleichnamigen türk. Wilajets in Armenien (s. Karte »Kaukasien«), das die Sandschaks W. und Hakkiari mit zusammen 39,300 qkm Areal und 398,700 überwiegend kurdischen Einwohnern umfaßt, liegt am östlichen Ufer des 3690 qkm großen Wansees (im Altertum Thospitis, 1666 m hoch), ist Sitz des Gouverneurs, besteht aus der obern (befestigten) und der untern Stadt oder den »Gärten«, hat 12 armenische Kirchen, 11 Moscheen, merkwürdige Keilinschriften, etwas Baumwollindustrie, Fischerei, Handel mit Früchten, Fischen, Ziegenfellen, Pottasche etc. und ca. 30,000 Einw. (zur kleinern Hälfte Armenier, zur größern Türken und Kurden). Viel Erdbeben. – W. wurde durch Sarduri, den ersten König des hethitischen Nairikönigreichs Urarthu am Wan see (Ende des 9. vorchristlichen Jahrhunderts), einem hethitischen Häuptling abgenommen, durch Sarduris Sohn Ispuinis und Enkel Menuas zur Hauptstadt gemacht und hieß Thuspa (assyr. Thuruspa). Damals der Ausgangspunkt urarthäischen Vordringens gegen Assyrien, wurde es 714 durch Sargon gedemütigt und zwischen 710 und 705 von den indogermanischen Kimmeriern schwer bedroht. Aus der Durchsetzung der hethitischen Reste mit den Einwanderern bildete sich das armenische Volk. Die Stadt hieß bei den Griechen Buana (Chauon [d. h. chwan, Wohnung] = Van), bei den Armeniern auch Schamiramagerd (»Bau der Semiramis«). Tigranes (94–56 v. Chr.) soll sie mit kriegsgefangenen Juden bevölkert und Sapor II. um 360 n. Chr. zerstört haben. Später erscheint sie (bis 1021) als Residenz der armenischen Ardzruni im Lande Waspuraken (so heißt noch jetzt die Landschaft im O. des Sees). Sie kam dann nacheinander unter die Byzantiner, Seldschuken und Turkmenen, ward 1387 und 1392 von Timur, 1425 vom Turkmenen Iskander erobert und 1533 und 1548 von den Türken den Persern entrissen, von Abbas II. aber 1636 auf kurze Zeit zurückerobert. Nur die Stadt selbst fiel wieder in den Besitz der Türken; in der Umgegend herrschen noch heute die Kurden unumschränkt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 362.
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