Hermeneutik

[277] Hermeneutik (gr., Auslegungswissenschaft), 1) das System der Grundsätze, nach welchen der Sinn irgend einer Rede od. Schrift erforscht od. entwickelt werden muß; bes. 2) Inbegriff von Regeln, durch deren Anwendung man in den Stand gesetzt wird, den Sinn eines Schriftstellers nicht nur selbst auffinden, sondern ihn auch Andern auf eine überzeugende Weise mitzutheilen. Sie gehört zur angewandten Logik, sofern sie die Gesetze des Verstandesgebrauchs auf die Materie anwendet u. untersucht, welchen Sinn ein Schriftsteller mit den von ihm gebrauchten Worten verbunden habe, indem sie theils aus dem allgemeinen u. besonderen Sprachgebrauch, dem Zusammenhang u. der Geschichte, theils aus dem Ideengang, welcher dem Schriftsteller eigen ist, aus seinen u. seines Zeitalters herrschenden Vorstellungen, Meinungen, Vorurtheilen etc., den Sinn zu entwickeln u. darzustellen sucht. Im engsten Sinne 3) die biblische H. (Hermeneutica sacra), die wissenschaftliche Darstellung der Auslegung der Heiligen Schrift, s.u. Exegese. Vgl. Löhnis, Grundzüge der biblischen H., Gieß. 1839; Lotz, Biblische H., Pforzh. 1849.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 277.
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