Logik

[469] Logik (v. gr.), ist die Wissenschaft von den Gesetzen. u. Formen des richtigen Denkens. Indem nämlich das Denken das Instrument alles Erkennens ist, entstand schon sehr früh das Bedürfniß, die Frage zu entscheiden, ob alle Arten der Gedankenbestimmung u. Gedankenverbindung gleichen Anspruch machen können, wahre Erkenntniß darzubieten, od. ob es Regeln u. Gesetze des Denkens gebe, nach welchen nur gewisse Formen der Gedankenverbindungen für gültig u. richtig, andere für unrichtig erklärt werden müssen. Das Bedürfniß einer hierauf gerichteten Untersuchung verräth sich in der griechischen Philosophie schon vor Sokrates, namentlich bei den Eleaten; bewußtvoll geübte Versuche, diese Formen u. Gesetze zu bestimmen, durchdringen namentlich die Philosophie Platons, welcher die Dialektik als die Kunst des wissenschaftlichen Verfahrens mit Begriffen bezeichnete u. übte; während die abgesonderte u. fast ganz vollständige Darlegung Regeln u. Formen (Begriff, Urtheil, Schluß) eins der großen wissenschaftlichen Verdienste des. Aristoteles (s.d.) war. Die L. des Aristoteles beruht auf dem Satze der Identität u. des Widerspruchs, welche man die Principien der Logit genannt hat; trotz der bei Aristoteles durchaus festgehaltenen Beziehung des Denkens auf die Erkenntniß der wirklichen Dinge behandelte er die L. als formale Wissenschaft, indem gemäß dem Satze des Widerspruchs, abgesehen von dem besonderen Inhalte des Gedachten, die Verhältnisse desselben über die Zulässigkeit od. Nothwendigkeit seiner Verbindungen entscheiden; u. in diesem Sinne einer formalen Wissenschaft ist die L. bis auf die neuesten Zeiten vielfach u. vorherrschend festgehalten u. behandelt worden. Aber eben weil sie das erkennende Denken nur rücksichtlich seiner Form (d. h. seiner Klarheit u. Deutlichkeit, Ordnung, inneren Übereinstimmung u. Folgerichtigkeit) betrachtet, hat man frühzeitig versucht, ihre Grenzen zu erweitern, u. zwar zunächst dadurch, daß man ihr, wie schon in der späteren griechischen Philosophie, so in der Stoischen u. Epikureischen Schule geschah, die ganze Lehre von den Kennzeichen (Kriterien) der Wahrheit zuwies. In diesem Sinne bildet auch die von Kant sogenannte transcendentale L. einen wichtigen Theil seiner Kritik der Vernunft, iudem er in ihr nicht blos die formalen Gesetze des Denkens, sondern auch die Begriffe u. Urtheile darlegte, an welche die menschliche Erkenntniß gebunden sei. Mit dieser Erweiterung der L. verband sich namentlich seit Baco u. Locke die Bemühung, die L. durch Ableitung der logischen Gesetze aus der Psychologie zu begründen, u. diese Anknüpfung der L. an die Natur des menschlichen Erkenntnißvermögens, namentlich des Verstandes, hat bei allen philosophischen Schulen, welche die Theorie der Erkenntniß als die Grundlage aller übrigen philosophischen Untersuchungen betrachteten, auf ihre Behandlung einen großen Einfluß gehabt, wobei man jedoch häufig vergaß, daß aus den psychologischen Gesetzen des wirklichen Gedankenlaufs das unklare, confuse, unzusammenhängende u. inconsequente Denken sich ebenso erklären lassen muß, wie das klare, geordnete, zusammenhängende u. folgerichtige u. daß die L. das Recht einer selbständigen Wissenschaft aufgibt, wenn sie nicht eine Kunstlehre, sondern eine Naturlehre des Denkens sein will. Endlich hat in der Periode nach Kant die Meinung, bald daß eine abgesonderte Untersuchung der gesetzmäßigen Formen des Denkens etwas ganz Unfruchtbares sei, bald daß der logische Formalismus der wirklichen Natur der Dinge zuwiderlaufe u. eben so wenig dieser, als den tieferen, speculativen Bedürfnissen des Denkens gegenüber eine Berechtigung habe; entweder zu einer Verhindung[469] der L. mit der Metaphysik (z.B. in Trendelenburgs Logischen Untersuchungen, Berl. 1840) od. zu der eigenthümlichen Umgestaltung der L. geführt, welche in dem Hegelschen Systeme (s. Hegel) das Wort L. als Bezeichnung desjenigen Theils der gesammten Philosophie erscheinen läßt, welcher die dialektische Fortschreitung des sogen. reinen Denkens noch ohne Rücksicht auf die bestimmten Gestalten der Natur u. des Geistes entwickelt u. darlegt. Abgesehen von den weitläufigen Bearbeitungen der L., welche die Scholastiker (s.d.) meist in der Form von Commentaren über das Organon (d. h. die logischen Schriften) des Aristoteles geschrieben haben, haben sich um die L. im gewöhnlichen Sinne des Worts im 17. u. 18 Jahrh. bes. Leibnitz, Tzschirnhausen, Wolf, Ploucquet, Reimarus, Lambert Verdienste erworben; unter den neueren Bearbeitungen der L. sind vorzugsweise zu nennen die L. von Krug (4. Aufl. Königsb. 1833), Fries (3. Aufl. Heidelb. 1837), Bachmann (Lpz. 1828), Twesten (Schlesw. 1825), Drobisch (2. Aufl. 1851), Ritter (Götting. 1856). In England hat namentlich Whewell den Theil der logischen Methodologie, welchen man das inductive Verfahren nennt, in seiner Philosophy of de inductive science (2. Aufl. Lond. 1852) sehr sorgfältig behandelt. Vgl. Prantl, Geschichte der L., Lpz. 1857.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 469-470.
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