Spruchbehörde

[606] Spruchbehörde (Spruchcollegium), ein an sich nicht mit Gerichtsbarkeit versehenes Collegium von Rechtsverständigen, welches indessen die Befugniß hat auf Ersuchen eines ordentlichen Gerichtes in einer zu diesem Zwecke ihm übersendeten Rechtssache in dessen Namen ein motivirtes Urtheil zu verabfassen, welches dann das ersuchende Gericht als das seinige zu eröffnen hat; vgl. Actenversendung. Derartige S-n bilden die noch in einigen Städten (Jena, Halle) bestehenden Schöppenstühle (s.d.) u. die Juristenfacultäten der meisten deutschen Universitäten. Nach Gemeinem Recht findet die Actenversendung an S-n nur auf Verlangen der Parteien bei dem Rechtsmittel der Revision u. bei den gemeinschaftlichen Oberappellationsgerichten statt; nach Particularrechten kann der Richter auch von Amtswegen versenden, ja jede Partei auch auf alleinige Kosten die Versendung verlangen. Die Parteien haben das Recht drei Collegien ohne Angabe von Gründen, mit Gründen sogar noch mehre auszunehmen (Jus eximendi), an welche dann die Acten nicht versendet werden dürfen. Das durch mehre Bundesbeschlüsse vom Nov. 1834 u. 1835 erlassene Verbot der Actenversendung in Criminalsachen ist neuerdings wieder aufgehoben worden. Mit der Einführung der neueren Justizorganisationen ist aber das ganze Institut der besonderen S-n mit der Aufhebung bedroht.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 606.
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