Northern Pacific-Eisenbahn

[366] Northern Pacific-Eisenbahn. Die ersten bis an den Beginn des Eisenbahnzeitalters zurückreichenden Pläne einer Schienenverbindung zwischen dem Atlantischen und dem Stillen Ozean hatten als die geeignetste Gegend das Gebiet zwischen den großen Seen, nördlich vom 45. Breitegrad, und der Mündung des Columbia-Flusses ins Auge gefaßt. Es dauerte indessen 30 Jahre, bis die immer wieder von verschiedenen Personen aufgenommenen Bestrebungen dazu führten, daß am 2. Juli 1864 von Abraham Lincoln der Freibrief für eine solche »Northern Pacific Railroad Company« genannte Überlandbahn erteilt wurde. Gleichzeitig erhielt die Bahn eine Landschenkung, u.zw. für die Meile 40 Sektionen in den von ihr durchzogenen (damaligen) Territorien (Dacota, Montana, Idaho und Washington) und 20 Sektionen in den Staaten (Wisconsin und Minnesota). Auch der Bau der Bahn erlitt wechselvolle Schicksale. Der erste Konzessionär, Josiah Perham, brachte es nur zur Bildung der nötigen Aktiengesellschaft. Der Bau der Bahn wurde in Angriff genommen von Jay Cooke im Sommer 1870. Nachdem bis Ende 1873 im Osten eine Strecke von 450 Meilen bis zum Missouri, im Westen eine solche von 105 Meilen (von Kalama nach Tacoma) fertiggestellt war, gingen unter dem Einfluß der Krisis von 1873 die Geldmittel aus und die Bahn mußte ihre Zahlungen einstellen. Mit Mühe gelang es allmählich dem Präsidenten Frederik Billings, die Finanzverhältnisse der Bahn einigermaßen zu ordnen. Im Jahre 1879 konnte mit dem Weiterbau begonnen, 1880 ein Anlehen von 40 Mill. Dollar aufgenommen werden, womit Billings die Bahn zu vollenden hoffte. Er wurde indessen genötigt, seine Präsidentschaft 1881 niederzulegen; ihm folgte am 15. September 1881 der Deutsche Henry Villard (Heinrich Hilgard), dem es gelang, bis zum 22. August 1883 die Strecke von St. Paul und Duluth im Osten bis nach Ainsworth (Wallula Junct.) im Westen zu vollenden, und da von Ainsworth nach Portland bereits eine Eisenbahnlinie, die Stammlinie der Oregon Railway and Navigation Company, vorhanden war, hiermit eine neue durchgehende Schienenverbindung zwischen den beiden Weltmeeren zu schaffen. Am 8. September 1883 wurde unter Teilnahme zahlreicher aus Amerika, Deutschland und England geladener Gäste dieses Ereignis an Ort und Stelle in den Felsengebirgen in großartigster[366] Weise gefeiert. Schon wenige Monate nachher geriet das Unternehmen aufs neue in finanzielle Schwierigkeiten. In den Jahren 1884–888 wurde die Strecke von Ainsworth durch das Kaskadengebirge nach Tacoma (die sogenannte Cascade-Branch) gebaut, womit die N. einen selbständigen Ausgangspunkt nach dem Stillen Ozean erhalten hat. Auch in den folgenden Jahren ist die Bahn durch Bau von Zweiglinien in die nördlich und südlich gelegenen Gebiete erweitert und hat sich durch Verträge mit der Wisconsin Central, der St. Paul and Northern Pacific und den Chicago and Northern Pacific-Eisenbahnen selbständige Verbindungen mit den großen Handelsplätzen Chicago und St. Paul-Minneapolis gesichert. Im Jahre 1892 wurde die Bahn wieder notleidend, sie konnte ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen, am 15. August 1893 wurde eine Zwangsverwaltung eingesetzt. Für die mißliche Finanzlage wurden die Direktoren verantwortlich gemacht, mehrere Prozesse wurden gegen sie angestrengt, aber ohne Erfolg. Im Jahre 1896 gelang es den interessierten Parteien, sich über einen Reorganisationsplan zu verständigen, der allerdings die Bahn dem Einfluß der Great Northern-Bahn und ihres Präsidenten James Hill unterwarf. Seitdem lebt die Bahn in gesunden finanziellen Verhältnissen. Noch einmal trat sie in der Geschichte der amerikanischen Bahnen hervor bei den Kämpfen mit der Union Pacific um den Verkehr des Nordwestens (s. Northern Securities Company).

Die Bahn hatte einschließlich der von ihr kontrollierten und gepachteten Linien am 1. Juli 1913 eine Länge von 10.629 km. Ihre östlichen Ausgangspunkte sind Chicago, Metropolis und Galveston. Von Chicago geht sie westlich nach Cheyenne, nördlich nach St. Paul-Minneapolis und Duluth, von wo sie in ziemlich genau westlicher Richtung das Festland durchquert und die Häfen des Stillen Ozeans Portland, Tacoma, Seattle und Vancouver erreicht. Die meisten der an dieser Strecke gelegenen Städte verdanken ihre Blüte der N., so Bismarck (Dacota), Glendive, Spokane, Helena u.s.w. Eine Zweigbahn führt nach Gardiner zu dem berühmten Yellowstone-Park, der von hier aus am bequemsten zugänglich ist.

Das Anlagekapital beträgt (1913) rund 548 Mill. Dollar, wovon 248 Mill. Dollar Aktien, und rd. 300 Mill. Dollar Obligationen verschiedener Art.

Die Betriebs- und Verkehrsverhältnisse sind aus der folgenden Zusammenstellung zu entnehmen:


Northern Pacific-Eisenbahn

Literatur: Eugene V. Smalley, History of the Northern Pacific Railroad. New York 1883. – v. der Leyen, Die Nordpacific-Eisenbahn im Arch. f. Ebw. 1884, S. 274 ff., und Die nordamerikanischen Eisenbahnen, S. 61–119; Die Finanzen der Northern Pacific-Bahn S. 34–57 des Buches: Die Finanz- und Verkehrspolitik der nordamerikanischen Eisenbahnen. 1895, 2. Aufl. – Stuart Daggett, Railroad Reorganization. Boston, New York 1908, S. 263–310.

v. der Leyen.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 7. Berlin, Wien 1915, S. 366-367.
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