Balkon

[120] Balkon. (Baukunst)

Ein an der Außenseite eines Gebäudes erhabener freystehender Austritt vor den Fenstern. Die Balkone dienen hauptsächlich dazu, daß man aus einem Zimmer gerade in die offene Luft austreten kann, um sich daselbst desto bequemer überall umzusehen. Zu dem Ende sind sie zur Sicherheit gegen das Herunterfallen mit einem Geländer versehen.

Man bringt sie insgemein an dem ersten Geschoß in die Mitte der Außenseite an, um diesem Theil dadurch mehr Ansehen zu geben. Die größten fassen drey Fenster in ihre Länge. Sie werden entweder frey, auf starke aus der Mauer hervortretende Kragsteine oder Balken gesezt, oder auch durch Thermen, Caryatiden oder ordentliche Säulen unterstützt, und gerade über den Eingang angeordnet. In diesem lezten Fall bekommt der Haupteingang des Gebäudes dadurch ein prächtigeres Ansehen. Man begeht aber dabey vielfältig den Fehler, daß man das kleine Gebälke der Säulen ausbricht, um den Eingang nicht zu verdunkeln. Weil dieses einer der ungeschiktesten Fehler ist,1 so sollte er schlechterdings vermieden werden. Findet man, daß ein durchgehendes Gebälke den Eingang würklich verfinstern würde, so lege man die Platte des Balkons als den Unterbalken über die Säulen weg, und lasse entweder die beyden andern Theile des Gebälkes ganz weg, oder man baue sie über die Platte, und setze alsdenn das Geländer darauf; so bleibet jedes in seiner Natur. [121] Es ist seltsam, daß auch die geschiktesten Baumeister, so gar an der vornehmsten Stelle der Gebäude, durch solche ungereimte Ausschneidung der Gebälke den guten Geschmak so gerade vor den Kopf stoßen, wie unter andern auch an dem Haupteingang in dem zweyten Hof des Schlosses in Berlin geschehen ist.

Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 1. Leipzig 1771, S. 120-122.
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