Firnis

[386] Firnis. (Zeichnende Künste)

Eine flüßige, oder doch sehr weiche Materie, mit welcher man die Oberflächen einiger Körper in verschiedenen Absichten überzieht. Entweder geschieht es blos, um sie glänzend zu machen, und zugleich vor der übeln Würkung der Feuchtigkeit zu bewahren; dieses nennt man eigentlich Lakiren: oder es wird mit dieser Absicht noch die verbunden, daß die Farben des Grundes, auf welchen der Firnis aufgetragen wird, lebhafter durchscheinen sollen. Alsdann muß der Firnis durchsichtig und ohne Farbe seyn. So überzieht man Gemählde und Kupferstiche mit Firnis, wovon hernach besonders soll gesprochen werden; oder man überzieht etwas mit Firnis um ihm eine Goldfarbe zu geben. S. Goldfirnis. Eine besondere Art dieser Arbeit ist die, wodurch eine Kupferplatte zum Aetzen zubereitet wird; auch davon wird hiernächst besonders gesprochen werden.

Firnis, womit Gemählde überzogen werden. Ein guter Firnis ist den Gemählden sehr vortheilhaft, weil sie dadurch durchaus saftiger werden, weil die Farben mehr in einander fliessen, und auch, weil die feinesten Tinten, die sich sonst einziehen und matt werden, dadurch hervorkommen. Durch einen guten Firnis erhält das Gemähld überdem eine immerwährende Jugend, und sieht auch in seinem Alter so aus, als wenn es eben aus der Hand des Künstlers gekommen wäre. Denn er hindert die corrosive Würkung der Luft auf einige Farben, und das Einsitzen des Staubes, wodurch so manches Gemählde verdorben worden; so daß durch den Firnis die Gemählde gleichsam einbalsamirt werden. [386] Soll er aber diese gute Würkung thun, so muß er höchst durchsichtig, ohne alle Farbe, und auch zähe genug seyn, um weder zu spalten, noch abzuspringen. Denn durch einen schlechten Firnis kann ein Gemählde gänzlich verdorben werden; wie denn in der That manch kostbares Meisterstük dadurch zu Grunde gerichtet worden.

Die vornehmsten Eigenschaften des Firnisses sind, daß er ganz weiß und etwas weich sey, auch durch das Alter nicht gelb werde und nicht abspringe, noch sich so zusammen ziehe, daß er die Farben von einander reisse.

Den Liebhabern, die sonst mit Behandlung des Firnisses umzugehen wissen, schlagen wir folgende Methode, die Gemählde vortheilhaft zu überziehen, vor. Zu dem Firnis selbst nehme man blos Sandarak und Mastix, suche aber aus einer beträchtlichen Menge die weißesten und hellesten Stüke aus, wasche sie mit sehr seinem Weingeist wol ab, damit alles unreine davon komme, und alsdann löse man sie mit den bekannten Handgriffen auf. Wenn sie ganz aufgelößt sind, so giesse man, um den Firnis gehörig weich zu machen, ganz hellen, wie Wasser aussehenden Terpentinspiritus dazu, so ist er fertig. Nun nehme man auch von dem feinesten Fischleim, oder so genannte Hausblase, die man ebenfalls aus der Menge so aussuchen muß, daß man nur die Stüke nihmt, die am weißesten sind. Auch diese werden mit starkem Weingeist erst wol abgewaschen und von aller Unreinigkeit befreyt, und hernach aufgelößt.

Will man nun ein Gemähld oder einen Kupferstich mit Firnis überziehen, so muß man demselben zuerst einen Grund von Hausblasen geben, hernach aber den vorher beschriebenen Firnis, aber nur dünne, darüber tragen.

Firnis zum Aetzen.1 Man hat zwey Gattungen Aetzfirnis, den harten und den weichen. Einige Kupferstecher machen ein Geheimniß aus ihren Firnissen; Abraham Bosse hat in seinem Werk von der Aetzkunst die seinigen beschrieben. Sein harter Firnis wird aus gleich viel Judenpech und Colophonium, und aus etwas weniger Nuß- oder auch Leinoel auf folgende Art gemacht. Das Pech und Colophonium werden in einem reinen wol glasurten Topf über einem gelinden Feuer fließend gemacht und wol umgerührt. Wenn dieses geschehen, so wird auch das Oel zugegossen. Alles läßt man unter beständigem Umrühren wol eine Halbestunde lang über gelindem Feuer fließen, nachher bey mäßigem Feuer so lange kochen, bis man sieht, daß etwas davon, das man herausgenommen und kalt werden lassen, die Festigkeit eines diken klebrigen Syrops hat. Alsdenn schlägt man es durch Leinwand, und behält es zum Gebrauch in gläsernen Flaschen wol verwahrt auf.

Eine andere Art, welche der florentinische Firnis genennt wird, kann auf folgende Weise gemacht werden. Man nimmt klaren Leinoelfirnis und eben so viel gestossenen Mastix. Wenn man den Leinoelfirnis über gelindem Feuer wol warm gemacht hat, so mischt man den Mastix allmählig darin und rührt die Masse über dem Feuer so lang herum, bis der Mastix gut zerflossen und gänzlich mit dem Oelfirnis vereiniget ist; alsdenn wird sie abgenommen, durchgeschlagen und verwahrt.

Für den weichen Firnis giebt Bosse folgendes an. Man nimmt anderthalb Unzen feines weißes Wachs, eine Unze wol ausgesuchten Mastix und eine halbe Unze griechisch Pech. Das Wachs läßt man über dem Feuer zerfliessen, alsdenn streut man den gestossenen Mastix nach und nach, und hernach das gestossene Pech darein, und rührt alles über dem Feuer so lange herum, bis es gut zerflossen und gemischt ist. Wenn die Masse abgenommen und etwas erkaltet ist, so wird sie in reines Wasser abgegossen, und darin in kleine Kugeln geformt, die man hernach zum Gebrauch in Taffet einwikelt und verwahrt. Die Art die Firnisse aufzutragen S. im Art. Gründen.

Farben-Firnis. Ein dikes Oel, welches die Mahler den Oelfarben beymischen, um sie geschwinder troken zu machen. Er wird aus Nußöl gemacht, welches mit gestoßener Bleyglätte vermischt, in einem irdenen Geschirr langsam gekocht wird. Man nimmt 1/8 oder nur 1/10 Glätte zu dem Oel. Beym Kochen muß man sehr behutsam seyn, daß die Hitze nicht zu groß werde, weil dieses den Firnis schwarz brennen würde. Durch das Kochen wird das Oel allmählig dik, und so bald es einen gewissen Grad der Dichtigkeit, den man durch die Uebung muß kennen lernen, angenommen hat, wird es abgesetzt und mit einem hölzernen Stab wol umgerührt, wobey ein wenig Wasser zugegossen wird. Man hat dabey die Vorsichtigkeit zu brauchen, daß der Topf nicht über die Hälfte voll sey, weil sonst [387] das Oel durch das Aufwallen überfließen und sich entzünden würde. Diesem Zufall, der doch bey Vernachläßigung einiger Handgriffe sich leicht ereignet, die Gefahr zu benehmen, thut man wol, wenn man den Firnis unter freyem Himmel kocht.

1S. Aetzen in Kupferplatten
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 1. Leipzig 1771, S. 386-388.
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