Trio

Trio. (Musik)

Ein Instrumentalstük von drey obligaten Stimmen, z. E. einer Flöte, Violin und Violoncell. Es besteht insgemein, wie die Sonate, aus drey Stüken von verschiedenem Charakter, und wird auch oft Sonata a tré genennet. Es giebt aber auch dreystimmige Sonaten, die aus zwey Hauptstimmen und einem begleitenden Baß bestehen, und oft blos Trios genennet werden. Beyde Gattungen sind in Ansehung des Sazes sehr von einander unterschieden, und sollten daher in der Benennung nicht mit einander verwechselt werden.

Das eigentliche Trio hat drey Hauptstimmen, die gegen einander concertiren, und gleichsam ein Gespräch in Tönen unterhalten. Jede Stimme muß dabey intereßirt seyn, und indem sie die Harmonie ausfüllt, zugleich eine Melodie hören lassen, die in dem Charakter des Ganzen einstimmt, und den Ausdruk befördert. Dies ist eine der schweersten Gattungen der Composition. Nicht diejenigen, die den dreystimmigen Saz1 allein verstehen, sondern die zugleich alles, was zur Fuge und dem doppelten Contrapunkt gehöret, völlig inne, und daneben einen fließenden und ausdruksvollen Gesang in ihrer Gewalt haben, können darin glüklich seyn.

Es giebt Trios, die im strengen und gebundenen Kirchenstyl gesezt sind, und förmliche Fugen in sich enthalten: Sie bestehen insgemein aus zwey Violin-und einer Baßstimme, und werden auch Kirchentrios genennet. Diese müssen mehr wie einfach besezt seyn, ohnedem sind sie von keiner Kraft. Die strenge Fuge, die bey feyerlichen Gelegenheiten und stark besezten Musiken, durch das Volltönige, Feyerliche und Einförmige ihrer Fortschreitung alle Menschen rührt, hat in einem Kammertrio, wo jede Stimme nur einfach besezt ist, außer auf den Kenner, dem die Kunst allenthalben willkommen ist, keine Kraft auf den Liebhaber von Gefühl; weil er durch keine Veranstaltung zu großen Empfindungen [1180] vorbereitet ist, und weil er blos auf das Einzele des Gesanges aufmerksam ist, der ihm in der Fuge nothwendig ohne Geschmak und Ausdruk vorkommen muß.

Daher erfodert das Kammertrio eine Geschiklichkeit des Tonsezers, die Kunst hinter dem Ausdruk zu verbergen. In den besten Trios dieser Art ist ein sprechender melodischer Saz zum Thema genommen, der wie in der Fuge in den Stimmen abwechselnd, aber mit mehrerer Freyheit, und nur da, wo er von Ausdruk ist, angebracht wird; oder es sind deren zwey oder drey, die oft von entgegengeseztem Ausdruk sind, und gleichsam gegen einander streiten. Singende und jedem Instrument gemäße Begleitung des Thema; freye Nachahmungen; unerwartete und wolklingende Eintritte, indem eine Stimme der andern gleichsam in die Rede fällt; durchgängig ein faßlicher und wolcadenzierter Gesang und Zwischensäze in allen Stimmen, ohne daß eine durch die andere verdunkelt werde; auch wol zur Abwechslung Schwierigkeiten und Passagen von Bedeutung, füllen den übrigen Theil des Stüks aus, und machen das Trio zu einem der angenehmsten Stüke der Cammermusik.

Gute Trios dieser Art sind aber selten, und würden noch seltener seyn, wenn der Tonsezer sich vorsezte, ein vollkommen leidenschaftliches Gespräch unter gleichen, oder gegen einander abstechenden Charakteren in Tönen zu schildern. Hiezu würde noch mehr erfodert werden, als wolklingende Melodien auf eine künstliche und angenehm ins Ohr fallende Art dreystimmig zusammen zu sezen. Nur der, welcher alle einzele Theile der Kunst mit einer fruchtbaren und lebhaften Phantasie verbände, und sich übte, jeden Zug eines Charakters oder einer Leidenschaft in den schildernden Gesprächen eines Heldengedichts, oder eines Drama, oder im Umgange, musikalisch zu empfinden, und in Tönen auszudrüken, würde eines solchen Unternehmens fähig werden, und das Trio zu der höchsten Vollkommenheit erheben.

Eben dieses läßt sich auch auf die uneigentlichen Trios, oder vielmehr dreystimmigen Sonaten von zwey Hauptstimmen mit einem blos begleitenden Baß, anwenden, die übrigens in Ansehung des Sazes wie Duette, die von einem Baß begleitet werden, anzusehen, und denselben Regeln unterworfen sind2. Unter diesen giebt es einige, wo die zweyte Stimme der ersten mehrentheils Terzen- oder Sextenweise folgt, oder blos die Stelle einer Mittelstimme vertritt, und in der Bewegung neben den Baß fortschreitet: diese Gattung erfodert einen überaus reizenden und ausdruksvollen Gesang in der Oberstimme, und fremde und künstliche Modulationen im Saz, ohnedem geräth sie ins Langweilige und Abgeschmakte.

Niemand, als wer schon weit über die Lehrjahre der Composition hinweg ist, sollt es sich einfallen lassen, Trios zu sezen, es sey in welcher Gattung es wolle; da so gar viel dazu erfodert wird, ein gutes Trio zu machen. Unsere heutige junge Componisten sezen sich über diese Bedenklichkeiten weg. Daher werden wir von Zeit zu Zeit mit so viel schlechten Trios heimgesucht, in welchen ofte nicht einmal der reine dreystimmige Saz beobachtet ist, wo jedes Stük insgemein aus etlichen nichtsbedeutenden Solopassagen, wozu die beyden andern Stimmen eine kahle Begleitung hören lassen, zusammengesezt, und im Ganzen nicht ein Funken von Ausdruk oder Studium angetroffen wird. Welchem Zuhörer der nur die geringste Kunstwissenschaft besizt, muß nicht die Haut schaudern, wenn er hört, daß das Violoncell abwechselnd den Hauptgesang, der gar nichts baßmäßiges hat, führet, und die Violinen den Baß dazu spiehlen? Z.B.

Trio

Trio bedeutet auch von zwey Menuetten, die zusammengehören, die zweyte, die dreystimmig gesezt seyn muß, nach welcher die erste, die am besten nur zweystimmig ist, wiederholet wird3.

1S. Dreystimmig.
2S. Duett.
3S. Menuet.
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 1180-1181.
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