Bona Dea

[109] Bona Dea (Röm. M.), eine Göttin von geheimnissvollem Wesen, die am meisten Aehnlichkeit mit Ceres zu haben scheint, auch für einerlei mit Maja, der Erde, Semele, Medea, Hecate, Proserpina, erklärt wird, eigentlich aber Fauna geheissen haben, und eine Schwester, Gattin oder Tochter des Faunus gewesen sein soll. Den Nachstellungen ihres Vaters Faunus widerstand sie beharrlich, und wurde desshalb von ihm mit einem Myrtenzweige gepeitscht; doch vereinigte er sich mit ihr, nachdem er sich in eine Schlange verwandelt. Desshalb durfte kein Myrthenzweig in ihren Tempel gebracht werden, kein Mann den Tempel betreten, und nur Frauen feierten dass grosse Fest der Göttin am ersten Mai, jedesmal im Hause desjenigen Consuls, der gerade die Zeichen der Regierungs-Gewalt, die Fascen, besass. Bekannt ist der Frevel des Publius Clodius, der sich in Weiberkleidern zu diesem Feste einschlich, um mit Pompeja, der Gemahlin Julius Cäsars, zusammenzukommen, mit welcher er ein Liebes - Verständniss hatte. Bei späterer, noch grösserer Entartung der Sitten wurde das Fest der Schauplatz der grössten Ausschweifungen.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 109.
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