Die Persische Monarchie

[392] Die Persische Monarchie, welche im Alterthum der große Cyrus (gestorben etwa 528) stiftete, ist eben so bekannt, als daß der wo nicht größere, doch als Eroberer noch glücklichere, Alexander derselben ungefahr 200 Jahre darauf ein Ende machte. Mit Uebergehung [392] der fernern abwechselnden Schicksale Persiens, durch welche dasselbe stets unter fremde Botmäßigkeit gerieth, bemerke ich bloß, daß es vom sechzehnten Jahrhunderte an seine eignen Könige aus dem Hause Sophi bekam, und daß, nachdem das Haus Sophi im achtzehnten Jahrhunderte durch eine Revolution gestürzt worden war, das Reich durch innerliche Unruhen sehr zerrüttet wurde, bis endlich i. J. 1738 der berühmte Schah Nadir (s. den Art. Kulichan) den Persischen Thron bestieg. Schah Nadir wurde i. J. 1747 ermordet. Ihm folgte auf einige Andre, welche eine kurze unruhige Zeit regierten, Kerim Khan, einer von Schah Nadirs Lieblingsoffizieren. Er bemächtigte sich ganz Persiens, verlegte seinen Sitz nach Schiras, nahm den Türken Bassora weg, nannte sich selbst aber nur Vökihl (einen Regenten), nicht Schah. Er starb 1779, und verließ Persien in einem blühenden Zustande. Nach seinem Tode bemächtigt sich sein Vetter, Zikih Khan, des Reichs; der grausamste Wütherich, den Persien je gehabt hat, weßhalb er auch endlich von seiner Leibwache in Stücken zerhauen wird. Es entstehen nun Unruhen im Reiche, neue, bald längere bald kürzere, zum Theil auch getheilte Regierungen; diese innere Unruhen sind ohne Ende. Im J. 1795 stritten zwei Brüder um die Krone, von denen der schwächste die Russen um Hülfe bat. Catharina II. half gern; sie unterwarf sich in kurzer Zeit die befestigte Stadt Derbent am Caspischen Meere, vier Provinzen Persiens und die wichtige Handelsstadt Benderobaßi am Persischen Meerbusen. Endlich schloß der Verbündeten Feind, Aly Muhamed Khan, bisheriger Beherrscher von Persien, mit Rußland Friede1. Die Ruhe wurde jedoch nur von außen hergestellt: [393] die Türken waren mit dem Frieden nicht zufrieden; Alt Muhamed Khan wurde ermordet, und sein Neffe, Baba Khan, ein anerkannter Unmensch, bestieg ohne großen Widerstand den Persischen Thron, wobei jedoch die Frage übrig bleibt, wie lange er denselben behaupten wird.

»Die Perser« sagt William Franklin (Bemerkungen auf einer Reise von Bengalen nach Persien i. d. J. 1786 und 87) »sind die Pariser des Orients, artig und überaus gastfrei; sie lieben Complimente und Eleganz im Ausdruck, sind aber auch heftig und rachsüchtig. Das Frauenzimmer in Schiras ist seiner Schönheit wegen mit Recht berühmt, vorzüglich durch seine hellen, funkelnden Augen; öffentlich erscheinen sie vom Kopf bis an den Fuß geschleiert.« Gegenwärtig hört man in Persien vier Hauptsprachen, die Arabische, Türkische, Persische und die der Gauren oder Gueern, d. i. die altpersische Sprache; (die Afghanen sprechen Georgisch). Die Landesreligion ist die Muhamedanische; man duldet aber auch andre Religionen, als die christliche, die jüdische u. s. f. Zigeuner leben im ganzen Lande zerstreut. Die Gauren oder Feueranbeter sehen die Sonne als das Ebenbild des unsichtbaren Gottes an. Ihre wissenschaftlichen Kenntnisse bestehen vorzüglich in Sterndeuterei, Moral, Arzneiwissenschaft und noch einiger Maßen in der Dichtkunst, wiewohl diese in den vorigen Zeiten mehr von ihnen betrieben wurde. Handwerker, Fabriken und Handlung können in Persien bei den häufigen innern Unruhen nicht so blühen, als es außerdem möglich wäre.

Die vorige Hauptstadt des ganzen Persischen Reichs, Ispahan (in der Provinz Irak Aschemi), ist jetzt weiter nichts mehr, als ein großes mit Ruinen bedecktes Feld; die Gärten, die sonst die Lust der Einwohner waren, werden jetzt gepflügt: und man geht 3 Stunden lang auf Wegen, die vor Zeiten Straßen waren, ehe man an den Mittelpunkt der Stadt kommt. Ob aber gleich zwei Drittheile von Ispahan verwüstet sind, so soll es doch noch übet 300,000 Einwohner haben. – Ueberaus schön gelegen und fruchtbar ist die schon oben erwähnte Stadt Schiras. Ihre meisten Verschönerungen verdankt sie dem ebenfalls erwähnten Kerim Khan. In einem Garten vor der Stadt ist das Grabmahl des [394] berühmten Persischen Dichters Hafiz, der zu einem Versammlungsorte junger Leute dient; auf dem Grabe liegt eine Abschrift seiner Gedichte zum Gebrauch für jedermann. Aehnliche Beschaffenheit hat es mit dem Grabe des Dichters Sadi, der vor 550 Jahren lebte. Zwei Tagereisen von Schiras sind die Ruinen von Persepolis.


Fußnoten

1 Zu Tiflis. Aly Muhamed Khan erhält die von Rußland im Westen des Caspischen Meeres gemachten Eroberungen zurück, außer den Städten Derbent und Bakou, nebst dem Gebiet am linken Ufer des Kur, welches bereits durch frühere Verträge an Rußland abgetreten worden war. Der Kur macht nunmehr die Gränze zwischen beiden Reichen.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 392-395.
Lizenz:
Faksimiles:
392 | 393 | 394 | 395
Kategorien: