Österreichisch-Ungarische Monarchie

[210] Österreichisch-Ungarische Monarchie (hierzu die Übersichtskarte), ein aus zwei Staatsgebieten oder Reichshälften, nämlich dem österreichischen Staatsgebiet (s. Österreich, Kaisertum, S. 174 ff.) oder »den im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern« und dem ungarischen Staatsgebiet oder »den Ländern der ungarischen Krone« (s. Ungarn), zusammengesetztes Reich und eine der europäischen Großmächte, nimmt gegenwärtig unter den europäischen Staaten in bezug auf den Flächeninhalt den zweiten und in Beziehung auf die Volkszahl den dritten Rang ein, liegt zwischen 42°7´-51°3´ nördl. Br. und 9°32´-26°30´ östl. L. und hat eine Breitenausdehnung von 1050 und eine Längenausdehnung von 1276 km. Im N. grenzt sie an das Deutsche Reich (Sachsen, Preußen) und Rußland, im Osten an Rußland und Rumänien (Moldau), im S. an Rumänien (Walachei), Serbien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, das Adriatische Meer und Italien, im W. an Italien, die Schweiz, Liechtenstein und das Deutsche Reich (Bayern). Das Reichsgebiet umfaßt einen Flächenraum von 624,860 qkm (11,348,1 QM.) und ist zusammenhängend; nur in Dalmatien wird es durch zwei Landzungen des herzegowinischen Gebietes derart durchbrochen, daß der Bezirk Ragusa nirgends an österreichisches Gebiet grenzt. Die Verteilung des Flächenraums auf die beiden Staatsgebiete, die Bevölkerung derselben nach den zwei letzten Zählungen und die gegenwärtige Volksdichtigkeit ist aus folgendem zu ersehen:

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Nach dem zwischen den beiden Staatsgebieten 1878 abgeschlossenen Zoll- und Handelsbündnis bilden beide Gebiete zusammen ein Zoll- und Handelsgebiet, umgeben von einer gemeinsamen Zollgrenze. Die Zollgesetzgebung ist gleichartig; außerdem sind nach gleichen Grundsätzen zu regeln alle Angelegenheiten, die sich auf die Ausübung der Schiffahrt und auf das Seesanitätswesen, auf das Privatseerecht, auf die Flußpolizei, auf das Eisenbahn-, Post- und Telegraphenwesen, auf die Landeswährung, das Maß- und Gewichtssystem, den Feingehalt der Gold- und Silberwaren und auf die Hausierbefugnisse beziehen. Die Angehörigen des einen Ländergebiets, die in dem andern Handel und Gewerbe treiben wollen oder Arbeit suchen sind bezüglich des Gewerbeantritts, der Gewerbeausübung und der zu zahlenden Abgaben den Ein heimischen gleichgestellt; eine solche Gleichstellung besteht auch bezüglich des Marktverkehrs, der Errichtung[210] von Zweigniederlassungen, der Ausübung der Schifffahrt und Flößerei. Dem allgemeinen österreichisch-ungarischen Zollgebiet gehören auch das Fürstentum Liechtenstein und die okkupierten Provinzen Bosnien und die Herzegowina an. Das Zollsystem in demselben beruht gegenwärtig auf dem Tarif vom Jahre 1906. Der äußere Handel des allgemeinen österreichisch-ungarischen Zollgebiets (Spezialhandel, ohne Durchfuhr und Veredlungsverkehr und ausschließlich der Edelmetalle und Münzen) ergab in den Jahren 1900–04 folgende Werte in Mill. Kronen:

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Nach den Hauptverkehrsländern verteilte sich die Ein- und Ausfuhr 1904 in Mill. Kronen folgendermaßen:

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Auf den Landverkehr kamen in der Einfuhr 80,7, in der Ausfuhr 82,4 Proz.

Die wichtigsten Warengruppen in der Ein- und Ausfuhr waren 1904 (in Millionen Kronen):

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Zu den obigen Ziffern über den eigentlichen Warenverkehr komm in och der Verkehr in Edelmetallen und Münzen, der sich 1904 in der Einfuhr auf 110,3, in der Ausfuhr auf 50,8 Mill. Kronen belief.

Der Durchfuhrhandel ist namentlich für die vom Westen nach dem Osten des Kontinents zu transportierenden Fabrikate wie für die vom Osten nach dem Westen Europas zu befördernden Rohstoffe von Wichtigkeit; 1904 belief er sich auf 7,5 Mill. metr. Ztr. Der Wert des Veredlungsverkehrs belief sich 1904 in der Ein fuhr auf 63,1, in der Ausfuhr auf 93,3 Mill. Kronen. Vgl. M. v. Engel, Österreich-Ungarn im Welthandel (Wien 1902); H. v. Bülow, Österreich-Ungarns Handels- und Industriepolitik (Berl. 1902).

Staatsverfassung und Verwaltung.

Die für Österreich und Ungarn übereinstimmend geltenden Grundgesetze sind: 1) die Pragmatische Sanktion Kaiser Karls VI. vom 19. April 1713 (nach Annahme durch die Stände der österreichischen Provinzen zusammengefaßt als »Hauptinstrument« im Reskript vom 6. Dez. 1724, in Ungarn anerkannt durch die Gesetzartikel I, II und III von 1723), betreffend die Thronfolgeordnung, die Unteilbarkeit uno Untrennbarkeit der Bestandteile der Monarchie; 2) das Gesetz vom 21. Dez. 1867 (ungarischer Gesetzartikel XII von 1867), betreffend die allen Ländern der Monarchie gemeinsamen Angelegenheiten; 3) das Zoll- und Handelsbündnis der im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder mit den Ländern der ungarischen Krone (Gesetz vom 27. Juni 1878, ungarischer Gesetzartikel XX von 1878, s. oben). Durch das Pragmatikalpatent vom 1. Aug. 1804 wurde die Annahme der Kaiserwürde von Österreich und durch das Handschreiben vom 14. Nov. 1868 der Titel »Österreichisch-Ungarische Monarchie« oder »Österreichisch-Ungarisches Reich« bekannt gemacht. Staatsoberhaupt der gesamten Monarchie ist der Kaiser von Österreich u. König von Ungarn (gegenwärtig Franz Joseph I., geb. 18. Aug. 1830, regiert seit 2. Dez. 1848), dessen Prädikat »Kaiserliche und Königliche Apostolische Majestät« ist. Er ist Oberbefehlshaber des Heeres und der Flotte und entscheidet über Krieg und Frieden. In seinem Namen werden die Gesetze erlassen, die für beide Reichshälften durch die Mitwirkung der Vertretungskörper zustande gekommen sind. In seinem Namen wird im ganzen Reiche Recht gesprochen, wie ihm allein auch das Recht der Begnadigung, Strafmilderung und Amnestierung zusteht. Er leistet beim An tritt der Regierung ein eidliches Gelöbnis auf die Verfassung, was in Österreich in Gegenwart beider Häuser des Reichsrats, in Ungarn bei der Krönung geschieht. Der Thron ist nach dem Rechte der Erstgeburt und der gemischten Linealerbfolge in dem Hause Habsburg-Lothringen erblich. Die männliche Linie geht der weiblichen vor, und letztere folgt erst nach dem völligen Aussterben der erstern. Die Religion des Kaisers und der kaiserlichen Familie ist die römisch-katholische.

Beiden Reichshälften gemeinsame Angelegenheiten sind: die auswärtigen Angelegenheiten, das Kriegswesen (mit Ausschluß der Rekruten bewilligung und der Gesetzgebung über die Wehrpflicht), das Finanzwesen rücksichtlich der gemeinschaftlich zu bestreitenden Ausgaben. Hierzu ist noch die durch den Berliner Vertrag von 1878 an Österreich-Ungarn übertragene Verwaltung Bosniens und der Herzegowina getreten. Außerdem werden folgende Angelegenheiten zwar nicht gemeinsam verwaltet, aber nach gleichartigen Grundsätzen behandelt: die kommerziellen Angelegenheiten, speziell die Zollgesetzgebung; die Gesetzgebung über die mit der industriellen Produktion in Verbindung stehenden in direkten Abgaben; die Feststellung des Münzwesens und des Geldfußes; Verfügungen bezüglich jener Eisenbahnlinien, die das Interesse beider Reichshälften berühren; die Feststellung des Wehrsystems. Das Gesetzgebungsrecht hinsichtlich der beiden Staatsgebieten gemeinsamen Angelegenheiten[211] wird von beiden Reichsvertretungen mittels zu entsenden der Delegationen ausgeübt. Jede der beiden Delegationen besteht aus 60 Mitgliedern, von denen 1/3 vom Herrenhaus, bez. der Magnatentafel, 2/3 vom Abgeordnetenhaus, bez. der Repräsentantentafel, auf ein Jahr gewählt werden. Sie werden alljährlich vom Monarchen abwechselnd nach Wien oder Budapest einberufen, verhandeln abgesondert und teilen sich ihre Beschlüsse gegenseitig schriftlich (durch »Nunzien«) mit; wenn ein dreimaliger Schriftenwechsel nicht zur Einigung führt, so erfolgt die Entscheidung durch Abstimmung in gemeinschaftlicher Plenarsitzung. (Vgl. Dantscher, Der staatsrechtliche Charakter der Delegationen, Wien 1903.) Für die Verwaltung der beiden Reichshälften gemeinsamen Angelegenheiten bestehen drei gemeinsame Ministerien (in Wien) und zwar: das Ministerium des kaiserlichen und königlichen Hauses und des Äußern, das Reichskriegsministerium und das Reichsfinanzministerium. Die Rechnungskontrolle über das Kassenwesen der gemeinsamen Ministerien ist dem gemeinsamen obersten Rechnungshof in Wien zugewiesen.

Die gemeinsamen Ausgaben werden nach Abzug der eignen Einnahmen und des Ertrags des Zollgefälles sowie einer Quote von 2 Proz., die zu Lasten des ungarischen Staates (wegen der demselben einverleibten Militärgrenze) in Rechnung genommen wird, durch einen Beitrag von 70 Proz. seitens der im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder und durch einen solchen von 30 Proz. seitens der Länder der ungarischen Krone gedeckt. Nach dem gemeinsamen Staatsbudget für 1905 betragen.

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Heerwesen.

(Hierzu Textbeilage: »Friedensgliederung und Stärken des österreichisch-ungarischen Heeres«.)

Teile der bewaffneten Macht: k. u. k. Heer mit bosnisch-herzegowinischen Truppen; k. k. österreichische, königl. ungarische Landwehr; k. k. österreichischer, königl. ungarischer Landsturm (Honvéd); k. k. Kriegsmarine. Seit 1899 wird das letzte Wehrgesetz vom 11. April 1889 infolge parlamentarischer Uneinigkeit jährlich provisorisch verlängert. Die allgemeine Wehrpflicht besteht seit 1868; Nichtassentierte entrichten laut Gesetz vom 13. Juni 1880 pro Dienstpflichtjahr 2–200 Kronen Militärtaxe (Wehrsteuer). Die Wehrverhältnisse in Bosnien und der Herzegowina weisen verschiedene Erleichterungen auf und sind durch das Provisorium vom 24. Okt. 1881 geregelt (keine Militärtaxe, Landwehr- und Landsturmpflicht, Geistliche, Ärzte, Apotheker, Tierärzte dienstfrei, bedingungsweise Stellvertretung). Ausbaugesetze: österreichisches Landwehrgesetz vom 25. Dez. 1893, ungarisches 1890; Tiroler Landesverteidigungsgesetz vom 10. März 1895; Landsturmgesetz 1886. Die österreichisch-ungarische Landwehr ist, im Gegensatz zu andern Staaten, wo dieses Wort nur ältere Jahrgänge des Beurlaubtenstandes bezeichnet, auch eine aktive Truppe (Infanterie, Landesschützen, Ulanen, Husaren). Die Auslassung des Namens Landwehr für aktive Friedensformationen und die Umwandlung der Landesschützen in Alpenjäger gilt als bevorstehend. Alle Tirol-Vorarlberger Wehrpflichtigen, d.h. Kaiserjäger, Landesschützen, Landsturmmänner, dienen der engern Landesverteidigung. Leibgarden, Kronwache (s. d.), Gendarmerie, Militärwachtkorps gehören, wiewohl militärisch organisiert, nur teilweise zur bewaffneten Macht. Die Stellungspflicht beginnt mit dem 1. Jan. des Kalenderjahres, in dem das 21. (im Okkupationsgebiet das 20.) Lebensjahr vollendet wird. Dienstpflicht: Heeressoldat 3 Jahre aktiv, 7 Reserve, 2 nichtaktive Landwehr; Landwehrsoldat 2 Jahre aktiv, 10 nichtaktiv; Bosnier 3 Jahre aktiv, 7 Reserve; Ersatzreservist, d.h. Mindertauglicher oder Begünstigter, 12 Jahre nichtaktiv, davon 8 Wochen Ausbildung. Die nichtaktive Landwehr, Reserve und Ersatzreserve macht 3–5 Waffenübungen von 13–35 Tagen. Absolventen inländischer Gymnasien und gleichgestellter Anstalten haben Einjährig-Freiwilligenrecht und können nichtaktive Kadetten und Offiziere werden. Der Landsturmpflicht unterliegt jeder hierzu taugliche, der 1. Linie nicht angehörende Staatsbürger in zwei Aufgeboten (19.–37. und 38.–42. Lebensjahr). Wehrbudget 1905: Heer 316,659,175, k. k. Landwehr 45,603,700, königl. ungarische Landwehr 40,515,957, Okkupationsgebiet 6,361,800 Kronen. Reichseinteilung: das gemeinsame Heer hat 15 Korpsbezirke mit Militärterritorialkommando an der Spitze (Krakau, Wien, Graz, Budapest, Preßburg, Kaschau, Temesvar, Prag, Leitmeritz, Przemýsl, Lemberg, Hermannstadt, Agram, Innsbruck [dieses heißt auch k. k. Landesverteidigungskommando], Sarajewo), sodann einen Militärkommandobezirk für Dalmatien. Österreichische Landwehr: jedes österreichische Militärterritorialkommando ist zugleich Landwehrterritorialkommando. Der Korpskommandant und Militärkommandant in Zara fungiert als Landwehrkommandant (entsprechend in Tirol-Vorarlberg Landesverteidigungskommandant). Jedes Landwehrterritorialkommando begreift eine präsent dienende Infanterietruppendivision als dritte des betreffenden Armeekorps in sich. Ungarische Landwehr: entsprechend 7 Infanterietruppendivisionen bestehen 7 Landwehrdistrikte (Budapest, Szegedin, Kaschau, Preßburg, Stuhlweißenburg, Klausenburg, Agram), mit Landwehrdistriktskommando an der Spitze. Bei den österreichisch ungarischen Landwehrbehörden werden alle Landsturmagenden geführt. Für den Landsturm bestehen Landsturmbezirkskommanden (vgl. die Textbeilage).

Zentralbehörden, höchste Stellen: k. u. k. Reichskriegsministerium mit Marinesektion, k. k. Ministerium für Landesverteidigung (für Landwehr), beide in Wien; königlich ungarisches Landesverteidigungsministerium (für Landwehr) in Budapest, alle unter dem Kaiser und den Delegationen, bez. Parlamenten verantwortlichen Ministern. Der Kaiser ist oberster Kriegsherr der gesamten bewaffneten Macht, die Militärkanzlei vermittelt zwischen ihm und den Zentralbehörden. Unmittelbar unterstehen dem Kaiser der Chef des Generalstabs und die drei Generaltruppeninspektoren. Das Landwehroberkommando in Wien und Budapest ist für die stete Schlagfertigkeit der Landwehrtruppen verantwortlich. Besondere Generalinspektoren bestehen für Kavallerie, Artillerie, Genie, Pioniere, Train, Erziehungs- u. Bildungsanstalten, Remontierung, ein Inspektor für die Festungsartillerie. Über die Rangstufen s. Offizier, S. 918; Uniformen, s. d.

General- und Geniestab ergänzen sich aus aktiven Heeres- und Landwehroffizieren, welche die[212] Kriegsschule (s. Kriegsakademie) oder den höhern Geniekurs mit vorzüglichem Erfolg absolvieren müssen. Der Geniestab leitet den kriegsbautechnischen Dienst, Angriff und Verteidigung fester Plätze; der Generalstab (s. d.) verteilt sich ohne Kategorienunterschied auf sieben Bureaus im Wiener Kriegsministerium, Truppen und Anstalten.

Über Friedensgliederung, Stärken und, soweit bekannt, Kriegsformationen etc. vgl. die Textbeilage.

Bewaffnung. Die österreichisch-ungarischen Infanterieregimenter und die Jägerbataillone führen das Mannlicher-Repetiergewehr M/95, die Kavallerie den Repetierkarabiner M/95, der Train den Karabiner M/90, die Feld- und Fußartillerie und die Mannschaften der Verpflegungsbranche den Repetierstutzen M/95, alle 8 mm-Kaliber. Offizier- etc. Bewaffnung ist Säbel und Revolver, Selbstladepistolen verschiedener Konstruktionen werden erprobt. Die Ulanenpike (Lanze) ist seit 1874 abgeschafft. Artilleriebewaffnung: statt des bisherigen 9 cm-Stahlbronzefeldgeschützes System Uchatius (s. d.) M 75/96 für fahrende und M 75/90 für reitende Batterien ist die 7,65 cm-Schnellfeuerkanone M/1904 aus Schmiedebronze mit Rohrrücklauf in Einführung (starrer Klappsporn, hydraulische Bremse, 3 mm-Chromstahlklappschilde, Einheitspatrone, 6300 m größte Schußweite, 20 Schuß pro Minute); außerdem führt die Feldartillerie 10 cm-Haubitzen M/99 und das 7 cm-Gebirgsgeschütz M/99, beide in Wandlaffete mit Federsporn. Geschütze der Festungsartillerie: 6 bis 8 cm-Kasemattkanonen, 7 cm-Gebirgskanonen, 8 bis 10 cm-Feldkanonen, 9 cm-Schnellfeuerkanonen, 12 bis 18 cm-Belagerungskanonen, 7 bis 30,5 cm-Küstenkanonen, 11 bis 28 cm-Minimalschartenkanonen, 15 cm-Haubitzen, 9 bis 24 cm-Mörser, 8 bis 11 mm-Mitrailleusen, 9 bis 15 cm-Kanonen M/61, Lückengeschütze ältern Musters.

Heeresanstalten: Über technische Artillerie vgl. die Textbeilage. Bildung und Erziehung. Kriegsschule in Wien mit einem vorbereitenden Subalternoffizierkurs der königl. ungarischen Landwehr, 3 Militärakademien (s. d.), 19 Infanterie-, 1 Kavallerie-, 2 Artillerie-, 1 Pionierkadettenschule (s. Kadettenhäuser), 2 Ober-, 5 Unterrealschulen (s. Militärrealschule), ein Erziehungsinstitut für verwaiste Offizierssöhne, 2 Offiziers- und 2 Mannschafts-Töchtererziehungsinstitute; Infanteriekadettenschule in Prag mit Abteilung für Train, in Preßburg für Sanität, in Wien und Großwardein für k. k., bez. königl. ungarische Landwehrkavallerie, ein höherer Geniekursus neben 11 andern technischer und administrativer Natur, ein aeronautischer Kursus, einer für praktisches Militärrecht, 2 Kurse und eine Beurteilungskommission für Stabsoffizieraspiranten, 2 ärztliche Applikationsschulen, eine tierärztliche Hochschule in Wien, 15 Schulen für ältere Oberleutnants, Equitationen für Infanterie- und Artillerieoffiziere, 3 Landwehrkavallerieoffizierkurse, mehrere Brigadeoffizierschulen für Heereskavallerie, 3 Regimentsschulen für Trainoffiziere, 3 Telegraphenkurse für Infanterie und Kavallerie, rund 120 Einjährig-Freiwilligenschulen (s. auch Landwehr-Offizieraspirantenschulen); Armeeschießschule in Bruck a. d. Leitha (s. auch Gewehrfabriken); Schießschule für Feldartillerie in Hajmasker, für Festungsartillerie am Steinfelde, Militärreitlehrerinstitut Wien, Reit- und Fahrlehrinstitut Schloßhof bei Marchegg, Militärfecht- und Turnlehrerkursus in Wiener-Neustadt (s. Militärturnwesen), Militärgeographisches Institut (s. d.), Kriegsarchiv, Heeresmuseum in Wien. Offiziere werden ständig zum Besuch von Hochschulen kommandiert.

Landesbefestigung. In Galizien sind Krakau und Przemýsl große Fortfestungen, in Lemberg und anscheinend auch Jaroslaw Befestigungen für den Kriegsfall vorbereitet. Gegen die Balkanhalbinsel Trebinje und Bilek Sperrgruppenbefestigungen, Mostar und Sarajevo Sperrbefestigungen, Peterwardein und Karlsburg ältere Plätze. An der Schweizer Grenze Nauders, Gomagoi, Val Strino. An der italienischen Grenze ist Trient mit Levico große Fortfestung, dann Sperrpunkte in Tirol Lardaro, Riva, Paneveggio, Landro, Moos, in Kärnten unter andern Malborgeth, Predil, Flitsch, an der Küste des Adriatischen Meeres Cattaro. Pola-Fasana ist Hauptkriegshafen. Im Innern ist noch Komorn befestigt.

Armeecharakteristik. Die Nationalitäten im Heer betragen in Prozenten: Deutsche 29, Magyaren 18, Tschechen 15, Polen 9, Ruthenen 8, Serbokroaten 7, Rumänen 5, Slowaken 5, Slowenen 3, Italiener 1. Die Deutschen herrschen vor bei der Infanterie (26 Proz.), den Jägern (50 Proz.), der Artillerie (40 Proz.), den technischen Truppen (50 Proz.), die Magyaren meist bei der Kavallerie (33 Proz.) und dem Train. Mit Rücksicht auf die verschiedenen Völkerschaften wird in militärischen Unterrichtsanstalten auch Nationalsprache gepflegt. Die Dienstsprache ist deutsch, nur beim Honvéd ungarisch, bez. kroatisch; die Oberoffiziere, Leutnant bis Hauptmann, sind verpflichtet, binnen drei Jahren die vorherrschende Nationalsprache, Regimentssprache genannt, zu erlernen. Der jährlich sich steigernde Offiziersmangel, namentlich in den subalternen Chargen, macht sich empfindlich geltend.

Vgl. Glückmann, Das Heerwesen der österreichisch-ungarischen Monarchie (9. Aufl., Wien 1905); »Die Heere und Flotten der Gegenwart«, Bd. 4: Das Heer, von E. v. Kählig (Berl. 1899); Dumek, Organisation der bewaffneten Macht der österreichisch-ungarischen Monarchie (Wien 1900); Wrede, Geschichte der k. u. k. Wehrmacht (hrsg. von der Direktion des k. u. k. Kriegsarchivs, das. 1898–1905, Bd. 1–5); Anger, Illustrierte Geschichte der k. u. k. Armee (das. 1898); »Die österreichische Armee von 1700–1867« (illustriert von Ottenfeld, Text von Teuber, das. 1895–1904); Poten, Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Österreich-Ungarn (Bd. 15 der »Monumenta Germaniae paedagogica«, Berl. 1893); Dolleczek, Geschichte der österreichischen Artillerie (Wien 1887, 2 Bde.); Metzger, Fahnenhistorik der k. u. k. österreichisch-ungarischen Infanterie der letzten 300 Jahre (Wiener-Neustadt 1898); Schmid, Das Heeresrecht der österreichisch-ungarischen Monarchie (Wien 1903); v. Loebells »Jahresberichte über die Veränderungen und Fortschritte im Militärwesen« (Berl.).

Kriegsflotte.

Eine Kriegsflotte erhielt Österreich erst durch die Besitznahme Venedigs 1798, bez. 1814. Im J. 1848 büßte Österreich durch den Abfall Venedigs fast seine ganze Flotte wieder ein, und erst durch die Tatkraft des Erzherzogs Maximilian begann die Entwickelung der Kriegsmarine, die sich 1866 bei Lissa glänzend bewährte. Seitdem ist die österreichisch-ungarische Kriegsflotte nur langsam gewachsen. Marine-Zentralbehörde ist die Marinesektion des Reichskriegsministeriums, deren Chef zugleich Marinekommandant ist; sie gliedert sich in die Präsidialkanzlei (Organisation, Erziehungs- und Sanitätswesen), die Operationskanzlei (Generalstabsbureau der Marine), die erste Geschäftsgruppe (Personalsachen), zweite Geschäftsgruppe (marinetechnische[213] Angelegenheiten) sowie je eine Abteilung für Justiz und Rechnungswesen. Zentralhafen der Kriegsflotte ist Pola, dessen Hafenadmiralat (den deutschen Marinestationskommandos [s. d.] entsprechend) das Militärhafenkommando (mit dem Befehl über das Matrosenkorps, die Schul- und Kasernenschiffe das Hydrographische Amt, die Marinespitäler etc.) für den maritim-militarischen Dienst und das Seearsenalskommando für den technisch-ökonomischen Betrieb des Seearsenals (Marinenwerft) unterstellt sind. Das Matrosenkorps enthält in drei Depots (Abteilungen) die Mannschaften des Deckdienstes (6 Kompanien), des Steuerdienstes (1 Kompanie), des Artilleriedienstes (3 Kompanien), des Torpedodienstes und des Seeminendienstes (zusammen 1 Kompanie), des Maschinendienstes (3 Kompanien) und des Militärarbeiter-, Proviant-, Küchen- und Sanitätsdienstes (1 Kompanie) sowie eine Musikabteilung und eine Stabsabteilung; vom Matrosenkorps werden die Besatzungen für die Schiffe gestellt. Die Dienstpflicht dauert 4 Jahre in der Linie, 5 in der Reserve und 3 in der Seewehr; außerdem werden Vierjährig- und Einjährig-Freiwillige eingestellt. Ständig im Dienst sind ein Artillerieschulschiff mit mehreren Beischiffen, ein Torpedoschulschiff mit Beischiffen. Am Lande sind in Pola die Seeminen- und Telegraphenschule, das Hydrographische Amt mit Marinebibliothek, ein Marinespital, ein Bekleidungsamt, Gefangenhaus, Schwimmschule sowie Marineschulen für das Personal und auch für dessen Kinder, ein Marinepfarramt. In Triest ist ein Seebezirkskommando sowie das Marinezentralarchiv, in Fiume ist die Marineakademie für die wissenschaftliche Ausbildung der Seekadetten in vier Jahrgängen, unterbrochen von Kreuzfahrten auf einer Schulkorvette. In Sebenico befindet sich das Schiffsjungeninstitut auf einem Hafenschiff nebst Beischiffen. Als Flottenstation ist außerdem die große Bucht von Cattaro mit Kohlenlagern, Marinewerkstätten etc. ausgerüstet. Für die Donauflottille ist Budapest Stationshafen. Für 1905 betragen die Marineausgaben 91,6 Mill. Kronen. Das Personal zählte 1905: 563 Seeoffiziere, 88 Maschinenleiter, 66 Sanitätsoffiziere, 161 Marinekommissäre, 9 Marinegeistliche, 180 Seekadetten und Seeaspiranten, 10,927 Unteroffiziere und Gemeine. Über die Rangstufen der Offiziere s. Offizier, S. 920. Zur aktiven Flotte zählten Anfang 1906: 11 Linienschiffe mit 85,560 Ton. (von 5150–10,600 T. Größe), von denen die neuesten, die Schiffe der Erzherzog Karl-Klasse, mit 10,600 T., 118,6 m lang, 21,7 m breit sind und 7,48 m Tiefgang haben; ihre Maschinen geben bei 14,000 Pferdekräften 19–20 Seemeilen Geschwindigkeit; Bewaffnung vier 24 cm, zwölf 19 cm, zwölf 7 cm-Schnelladekanonen, 12 Maschinenkanonen, 4 Maschinengewehre, 2 Torpedorohre; Panzerung 15 bis 22 cm stark, Panzerdeck 8 cm. Ferner 3 Panzerkreuzer mit 18,810 T. (größter Sankt Georg mit 7300 T., 21 Seemeilen Geschwindigkeit, 2 schwere, 9 mittlere, 12 leichte Schnelladekanonen), 6 kleine geschützte Kreuzer mit 17,450 T., 8 Torpedofahrzeuge, 6 große und 24 kleine Torpedoboote. Außerdem die Donauflottille mit 4 Panzerkanonenbooten mit zusammen 1776 T. 7 alte Panzerschiffe dienen als Schul- und Kasernenschiffe, 4 alte Korvetten, 2 alte Kanonenboote als Missions- und Stationsschiffe; ferner sind vorhanden 4 Raddampfer, 4 Schlepptender, 2 Pumpenschiffe, 2 Minenlegungstender, 2 Zisternenschiffe, 1 Torpedodepotschiff, 1 Werkstättenschiff, 1 Materialientransportschiff, 1 alte Fregatte als Artillerieschulschiff mit 2 seegehenden Beischiffen, 1 Torpedoschulschiff und 1 Seeminen- und Telegraphenschulschiff; 1 alte Korvette als Schiffsjungenschule mit 3 seegehenden Beischiffen, 1 Matrosenschulschiff, mehrere Hulken für Bequartierung und eine für Quarantäne. Außerdem 2 Segelkutter u. 2 Segelschuner. Vgl. »Geschichte der k. u. k. Kriegsmarine« (Wien 1882 ff., noch nicht abgeschlossen); v. Koudelka, Unsre Kriegsmarine (das. 1899); »Die Heere und Flotten der Gegenwart«, Bd. 4: Die Flotte, von R. v. Jedina (Berl. 1899); Lengnick und v. Klimburg, Unsre Wehrmacht zur See (Wien 1904); »Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens« (Pola), »Almanach für die k. u. k. Kriegsmarine« (das.); ferner die beim Artikel »Marine« beigefügte Karte mit Textblatt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 210-214.
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