Carl, Graf von Clerfayt

[226] Carl, Graf von Clerfayt (auch öfters Clairfait), ein berühmter östreichischer General des 18. Jahrhunderts (geb. 1733), stammte aus einer der vornehmsten Familien in den östreichischen Niederlanden her. Er nahm in den ersten Jahren des siebenjährigen Krieges Dienste, und da seine Obern seinen Muth und Kaltblütigkeit in Gefahren bemerkten, war er schon zu Ende dieses Krieges Oberster. Die Gelegenheit, sich auszuzeichnen, welche sich in dem kurzen bayerischen Erbfolgekriege (1778) nicht sehr darbot, ward ihm erst in seinen Feldzügen im Türkenkriege 1788, besonders aber im französischen Revolutionskriege zu Theil. In diesem letztern schlug er zuerst bei Stenai die Franzosen, nahm am 1. Sept. 1792 diese Stadt ein, mußte aber bald darauf den gefährlichen und mühsamen Rückzug der preußischen Armee aus Champagne decken. Als kurz nachher Dümouriez in die östreichischen Niederlande eindrang, wurde er und der Herzog Albert von Sachsen-Teschen am 6. Nov. 1792 bei Gemappe angegriffen, und sie mußten, mit ihrer nur 17,000 Mann starken Armee, der französischen Armee von 80,000 Mann das Schlachtfeld überlassen, ohne daß jedoch [226] diese, 8 Kanonen ausgenommen, irgend eine Fahne oder andere Trophäe aufweisen konnten. Immer von dem übermächtigen Feinde verfolgt, den er öfters zurückschlug, setzte er seinen Rückzug ins Herzogthum Jülich fort, und nahm bei Bergen eine feste Stellung. In dem für Oestreich glücklichen Feldzuge von 1793 hatte er an allen wichtigen Gefechten und Schlachten Antheil, und eroberte besonders am 11. Sept. die Festung Quesnoi; allein im folgenden Jahre gingen alle von den Oestreichern gemachte Eroberungen, und besonders die Niederlande wieder verloren, und jetzt erst, am 28. August, erhielt Clerfayt das vom Prinzen von Coburg niedergelegte Obercommando. Nach sechs blutigen Gefechten, besonders nach dem an der Roer am 2. Oet., sah er sich genöthiget, mit seiner sehr geschwächten Armee den 5ten über den Rhein zurückzugehen. Zum Feldmarschall 1795 ernannt, erhielt er den Oberbefehl über die östreichische und die Reichsarmee. Jourdan, welcher wegen der innern Unruhen Frankreichs erst zu Anfange des Septembers über den Rhein ging, rückte bis an den Main vor: Clerfayt kam ihm entgegen, besiegte ihn am 11. Oct. bei Höchst völlig, und entsetzte am 13ten Mainz auf dem rechten Rheinufer. Noch war aber nichts gethan, wenn die Franzosen nicht aus ihrem, für unüberwindlich gehaltenen, furchtbar verschanzten Lager bei Mainz geschlagen waren, welches aus 50 kleinen Festungen und Bergschanzen bestand, die drei Stunden weit mit einander verbunden waren, und mit 600 Kanonen vertheidiger wurden. Clerfayt ließ am 29. Oct. früh gegen 6 Uhr den Angriff anfangen, und ungeachtet des fürchterlichen Kartätschen-, Haubitzen- und Gewehrfeuers der Franzosen, ungeachtet diese die Oestreicher zwei Mal zurückschlugen, wurden doch die fürchterlichen Schanzen von den Oestreichern erstiegen, die Franzosen aus denselben nicht allein vertrieben, sondern auch bis über Bingen und Alzei in größter Verwirrung zurückgeschlagen. Die Oestreicher eroberten an diesem Tage 138 Stück schweren Geschützes, 143 verschiedene Wagen, Belagerungsmaschinen, sehr beträchtliche Munitions-Depots, [227] und machten über 1600 Mann Gefangene, unter denen sich 1 General und 151 Officiere befanden. Jetzt war Mainz auch auf dem linken Rheinufer entsetzt, und die drei Wochen darauf von Wurmsern vollendete Eroberung von Mannheim (s. Th. VI. S 439) vorbereitet. Nach dieser wichtigen Unternehmung, welche durch die Schnelligkeit, mit der sie geschah, noch glänzender ward, verließ Clerfayt die Armee bald, und ging nach Wien, wo er, nach einer langen schmerzhaften Krankheit, am 21. Juli 1798 in einem Alter von 68 Jahren starb, nachdem er seinem Kaiser 45 Jahre eben so treu als rühmlich gedient hatte. Er war nicht nur ein großer Krieger, der persönlichen Muth und Feldherrngröße sowohl bei dem Angriff, als auch bei der Vertheidigung zeigte, und aller Ruhmredigkeit und Ränken feind, sondern auch ein wahrer Vater seiner Soldaten, Beförderer verdienter Officiere, Wohlthäter gegen Arme, und dabei ein sehr religiöser Mann.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 226-228.
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