Bengalen

[220] Bengālen, die größte der drei Präsidentschaften des brit. Gebiets in Ostindien, welche fast das ganze nordöstl. Hindostan und einen Theil des nördl. Dekan umfaßt, südl. vom Meerbusen von Bengalen begrenzt und in die Provinzen Bengalen, Bahar, Allahabad, Oude, Agra, Delhi, Gurwal, Orissa, Gudwana, Hyderabad, Beeder und Berar eingetheilt wird, welche mit andern der brit. Schutzherrschaft unterworfenen, dazu gehörigen Gebieten gegen 20,000 ! M. Flächenraum mit 70 Mill. Einw. enthalten. Die Hauptstadt B.'s und zugleich des ganzen brit. Indiens ist Kalkutta, am westlichsten Arme des Ganges, dem Hugly, gelegen, der für größere Seeschiffe hinlängliche Tiefe hat und Kalkutta zur wichtigsten Handelsstadt Ostindiens macht. Es wird in die prächtig gebaute weiße, von Europäern bewohnte und in die unansehnliche, winklige, aber weit größere schwarze Stadt geschieden, welche die Hindus inne haben. Beide zählen mit den großen Vorstädten gegen 800,000 Einw., sind völlig offen, allein durch das am südwestl. Ende gelegene starke Fort William geschützt, das 15,000 M. Besatzung einnehmen kann. Kalkutta ist die Residenz des Gouverneurs aller brit. Besitzungen in Ostindien, der Sitz der höchsten Behörden, eines Lordbischofs, dessen Sprengel sich über Afrika, Asien und Australien erstreckt, mehrer gelehrter Anstalten und Gesellschaften, einer Kriegsschule u.s.w. Im Fort William befindet sich außer einer gelehrten Schule die 1784 gestiftete asiat. Gesellschaft, welche für die Kenntniß Asiens höchst wichtig geworden ist. Es gibt hier ferner zwei Banken, viele sehr bedeutende Fabriken und große Schiffswerste. Vor Erbauung des Forts William im J. 1758 war die jetzt mit reizenden Landhäusern besetzte Gegend noch großentheils morastiger Wald und Kalkutta ein geringer Ort, der sich aber seitdem mit reißender Schnelligkeit zu seinem jetzigen Glanze erhoben hat.

Andere merkwürdige Orte der Präsidentschaft B. sind Dakka mit 200,000 Einw., welche die feinsten Musseline liefern; Patna mit 300,000 Einw. und wichtigem Opiumhandel; Benares (s.d.); Luckno mit 300,000 Einw. und dem Grabmale des Iman Barry, welches für das schönste hindusche Gebäude gilt; Agra, ehemalige Residenz der Großmoguln, damals von einer Million Menschen bewohnt, die sich jedoch auf 60,000 vermindert haben, und stundenweit mit den prächtigsten Trümmern umgeben; Delhi, die ebenfalls verfallene alte Hauptstadt Hindostans, welche aber noch 200,000 Einw. besitzt; Kuttak mit 100,000 Einw.; Dschaggernath mit einer uralten Pagode, einem der merkwürdigsten Denkmäler altind. Baukunst, zu der jährlich über eine Million Pilger wallen, und Hyderabad mit 200,000 Einw.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 220.
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