Derfflinger

[530] Derfflinger (Georg, Freiherr von), kurfürstl. brandenburg. Generalfeldmarschall und einer der verdienstvollsten Anführer in dem von Friedrich Wilhelm, dem großen Kurfürsten, 1640–88, gebildeten preuß. Heere, wurde 1606 in Oberöstreich, nach Andern in Böhmen als Sohn eines protestantischen Landmanns geboren und hieß eigentlich Dörfling. Er hatte das Schneiderhandwerk erlernt und wollte nach der Schlacht auf dem weißen Berge, 8. Nov. 1620, nach deren Verlust der zum Könige von Böhmen gewählte Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz vor den Kaiserlichen die Flucht ergriff, ins nördl. Deutschland auswandern, um den Kriegsunruhen und Religionsbedrückungen zu entgehen. Da es ihm aber gänzlich an Gelde fehlte, verweigerten ihm die Fährleute das Übersetzen über die Elbe und D. nahm nun unter dem Grafen Matthias von Thurn Dienste bei der Reiterei, trat später ins schwed. Heer, wo er sich zum Obersten aufschwang, 1642 zu dem Siege bei Leipzig wesentlich beitrug und als er die Nachricht davon der Königin Christine (s.d.) überbrachte, zum Generalmajor ernannt wurde. Nach dem westfäl. Frieden als Fremder aus dem schwed. Heere entlassen, ging er als Generalmajor der Reiterei 1654 in brandenburg. Dienste und bewährte seine Talente und seinen Muth in allen Feldzügen wider die Polen, Schweden und Franzosen auf die glänzendste Weise, wurde 1670 zum Generalfeldmarschall ernannt und auch mit andern Auszeichnungen vielfältig bedacht. Als der bejahrte, 1678 zum Statthalter von Hinterpommern ernannte D. jetzt um seine Entlassung aus dem Kriegsdienste bat, schrieb ihm [530] der Kurfürst unter Anderm: »Da wir Euch kennen, Ihr auch bei uns viel sauer und süß gekostet, so ist ja besser, daß Ihr auch bei uns bis ans Ende ausharrt«, worauf D. seinem Gebieter in den neuen Feldzug wider die Schweden folgte, Stralsund eroberte und im Winter 1679 mit seinen Truppen über das kurische Haff ging und das schwed. Heer überfiel. Auch zu Gesandtschaften, z.B. an den östr. Hof, wurde D. früher verwendet, 1674 vom Kaiser Leopold in den Reichsfreiherrnstand erhoben und nach seinem 1695 erfolgten Tode vom damaligen Könige Friedrich I. noch durch eine Denkmünze geehrt, die auf der einen Seite sein Bildniß, auf der andern Mars und Hercules als Ahnherren des östr. Bauersohns darstellt. Einfachheit und Gradheit waren Zierden von D.'s Charakter und seine Bescheidenheit beurkundete er noch auf dem Sterbebette durch die Verordnung, daß in seiner Leichenrede nichts von seinen Thaten erwähnt werden dürfe. Seine Familie ist mit seinem einzigen Sohne, dem 1740 zu Berlin verstorbenen preuß. Generallieutenant Friedrich, Freiherrn von D., erloschen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 530-531.
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