Faustrecht

[17] Faustrecht ist das Recht des Stärkern, welches überall da gilt, wo es noch keine Herrschaft der Gesetze gibt oder diese umgestoßen und verachtet wird. Das Faustrecht herrschte besonders unter dem Adel des Mittelalters, welcher mit den Waffen vertraut, unabhängig und mächtig war. Dazu kam noch, daß die Gesetze damals sehr mangelhaft und die landesherrliche Gewalt sehr schwach war. Dadurch fiel man auf den naheliegenden Gedanken, sich selbst auf seine eigne Faust Recht zu verschaffen. Indeß wurde selbst in diesen gesetzlosen Zustand eine gewisse Ordnung gebracht und über die Ausübung des Faustrechts bestimmte Regeln festgesetzt. (S. Fehde.) Es artete aber dessenungeachtet so sehr aus, daß alle Sicherheit verschwand und sich Ritter aus den edelsten Geschlechtern nicht schämten, mit ihren Knappen und Reisigen aus ihren Burgen hervorzubrechen und den friedlichen Wanderer auf der Landstraße auszuplündern. Mit schwerem Gelde mußte sich der Kaufmann für den Transport seiner Güter ein sicheres Geleit erkaufen und auch dieses wurde oft nicht respectirt. Außerdem aber überzogen sich mächtige Ritter einander mit Krieg und an Ruhe [17] und Frieden im deutschen Vaterlande war nicht zu denken. Nach mehren vergeblichen Versuchen schwacher Kaiser, diesem Unwesen durch die sogenannten Land- und Gottesfrieden zu steuern, gelang es endlich Rudolf von Habsburg, eine Menge Raubnester zu zerstören und für einige Zeit Recht und Sicherheit herzustellen; doch erst durch die Errichtung des schwäb. Bundes, 1488, des ewigen Landfriedens und des Reichskammergerichts, 1495, wurde diesen Greueln ein Ende gemacht.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 17-18.
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