Gyps

[304] Gyps oder schweselsaurer Kalk ist ein Mineral, welches in verschiedenen Arten vorkommt, die sich durch ihr Gefüge von einander unterscheiden. Der spathige Gyps, auch Fraueneis, Frauenglas oder Marienglas genannt, findet sich in krystallinischen Massen von blättrigem Gefüge oder in Gestalt von Krystallen, welche schiefgeschobene Säulen bilden. Er läßt sich leicht in dünne Blätter spalten, die dann grau werden, farblos durchsichtig sind und einen starken Perlemutterglanz besitzen. Man findet ihn häufig in Sachsen, Baiern, Frankreich, der Schweiz u.s.w. Der körnige Gyps ist derb und von mehr dichtem Gefüge, weniger durchscheinend. Seine Farbe geht vom Schneeweißen ins Röthliche, Graue, Blaue oder Gelbe. Die Arten, welche am feinsten und reinsten sind, werden Alabaster (s.d.) genannt. Ost geht das Gefüge dieser Gypsart in das Schuppige, und dann nennt man den Gyps, wenn er zugleich schneeweiß und von geringem Zusammenhange ist, Schaumgyps. Der Fasergyps hat ein faseriges Gefüge und bildet einzelne Stängel. Die Goldschläger bedienen sich desselben, nachdem er gepulvert worden, zum Bestreuen der Goldschlägerhäutchen. – Der reinste Gyps wird als Alabaster zu Bildwerken u. dgl. benutzt. Die unreinern Sorten werden gebrannt, wie Kalk, dann gemahlen [304] und so als gebrannter Gyps oder Sparkalk in den Handel gebracht. Der Gyps enthält nämlich im natürlichen Zustande sehr viel Wasser, welches durch das Brennen in Dampf verwandelt und ausgetrieben wird. Der gebrannte Gyps löst sich aber sehr leicht im Wasser auf, und indem er sich mit demselben zu einem festen Körper verbindet, erstarrt er alsbald wieder. Auf dieser Eigenschaft beruhen sehr viele Anwendungsarten des Gypses. Man bedient sich desselben als Mörtels, zu Stuck und überhaupt zum Überzuge für Decken in Zimmern, auch zum Ausgießen der Fußböden. Sehr brauchbar ist der Gyps zum Abformen lebloser und wol auch belebter Gegenstände. Der in Wasser aufgelöste Gyps wird über den abzuformenden Gegenstand gegossen; er dringt in alle Vertiefungen ein und ist in kurzer Zeit erstarrt. Nimmt man nun die festgewordene Masse ab, so hat man einen ganz genauen Abguß, den man wieder zu neuen Abgüssen benutzen kann. Beim Bereiten der Stereotypen z.B. wird jede Seite eines Buchs erst aus den einzelnen metallenen Buchstaben zusammengesetzt, dann ein Gypsabdruck in angegebener Weise von derselben genommen und in die auf diese leicht und schnell gewonnene Form geschmolzenes Metall gegossen, welches nach dem Erstarren eine Platte gibt, die zum Druck benutzt wird. Auch von Münzen, Bildwerken, von Leichen u.s.w. nimmt man in ähnlicher Weise Abgüsse, um sie wieder zu Formen für zweite Abgüsse (Gypsfiguren) zu benutzen, welche den Originalwerken genau entsprechen. Sogar von den Gesichtern lebender Personen kann man Gypsabgüsse nehmen. Die Verfertigung von Gypsfiguren wird besonders in Italien, Böhmen und in vielen Gegenden Deutschlands stark betrieben. Die herumziehenden Gypsfigurenhändler, welche man in ganz Europa und sogar in andern Welttheilen findet, kommen fast alle aus Lucca. In den Gebirgen von Lucca beschäftigen sich gegen 2000 Menschen mit Anfertigung solcher Figuren, und der größere Theil wandert umher. Mit sehr gutem Erfolg hat man sich, namentlich in England und in der Schweiz, des Gypses zum Düngen, vorzüglich des Wiesenlandes und der Kleefelder, bedient.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 304-305.
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