Kämelziege

[537] Kämelziege (die) oder angorische Ziege, Angoraziege, ist eine in der Gegend von Angora, einer Stadt Kleinasiens, lebende Ziegengattung mit horizontal ausgebreiteten, spiralförmig gewundenen Hörnern. Sie unterscheidet sich überdies von der gemeinen Ziege durch längere Beine, [537] kürzern Leib und lange, glänzende, dichtgekräuselte und gelockte Haare von weißer Farbe und seidenartiger Weichheit und Feinheit. In andere Länder verpflanzt, artet die Angoraziege bald aus. Man pflegt die schönen Haare der Ziege nicht abzuscheeren, sondern nur durch Kämmen zu gewinnen, genießt Fleisch und Milch derselben und bereitet aus ihrer Haut den schönsten Saffian und Corduan. Die rohen, oft gegen 8 Zoll langen Haare kommen unter dem Namen Kämelhaar, Kameelhaar, Angorawolle, levantisches Ziegenhaar in den Handel, werden aber auch mit den Haaren der Kameele und Trampelthiere verfälscht. Man bereitet aus ihnen das Kameelgarn und einen eigenthümlichen, Kamelott genannten, Zeuch. Das Kameelgarn wird besonders von den Frauen in der Levante in außerordentlicher Feinheit und Schönheit bereitet und zu Zeuchen, besonders zu köstlichen Shawls, verarbeitet, welche berühmt und in der Türkei, in Ägypten und Persien sehr gesucht sind. Jetzt wird Kameelgarn auch in England, Frankreich und den Niederlanden fabricirt. Kamelotte heißen die früher nur in Kleinasien bereiteten dichten, aus Kamelhaaren gewebten Stoffe, die man jetzt auch zum Theil mit einem Zusatze von Leinengarn, Wolle oder Seide in mehren Gegenden Europas herstellt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 537-538.
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