Mährische Brüder

[23] Mährische oder böhmische Brüder wurde die kleine Zahl der Anhänger des Joh. Huß (s.d.) genannt, die nach Beendigung der Hussitenkriege um die Mitte des 15. Jahrh. auf den Gütern des Georg von Podiebrad an der schles. und mähr. Grenze eine Zuflucht fanden und zu einer besondern Religionsgesellschaft zusammentraten. Sie nannten sich zuerst Brüder vom Gesetz Christi, auch blos Brüder und Brüderunität, erkannten nur ein rein biblisches Christenthum an und bildeten sich eine Verfassung nach dem Muster der ältesten christlichen Gemeinden. Ihr demüthiges und stilles, im Geiste der jetzigen Herrnhuter geführtes Leben schützte sie jedoch nicht vor Verfolgungen, die sie durch mehre Vertheidigungsschriften abzuleiten suchten, in denen sie das ärgerliche Leben und die Unduldsamkeit der Geistlichkeit als Grund ihres Abfalls von der röm. Kirche, sowie ihre Ansichten gegen die Verwandlung des Brotes und Weins (Transsubstantiation) im Abendmahle aussprachen. Zu Anfang des 16. Jahrh. besaßen sie schon 200 Bethäuser, deren Errichtung die Gutsbesitzer ihnen gestattet hatten, und traten bald in lebhaften Verkehr mit den Lenkern der Reformation, ohne daß es jedoch zu einer völligen Vereinigung kam. Als der Gemeinschaft mit den Lutheranern verdächtig und weil sie im schmalkald. Kriege nicht gegen die Protestanten fechten wollten, wurden sie vom röm. König Ferdinand des Landes verwiesen und wendeten sich zahlreich nach Polen und Preußen, von wo aber wegen Streitigkeiten mit den Lutheranern und da Kaiser Maximilian II. die Zurückgebliebenen schonte, 1574 ein Theil in Böhmen und in Mähren wieder einwanderte, wo Fulneck (daher der Name mährische Brüder) ihr Hauptsitz wurde. Zur Sicherstellung ihrer Religionslehren legten sie auch Schulen und Predigerseminare an, der dreißigjährige Krieg zwang sie jedoch abermals gleich den meisten Nichtkatholischen zur Auswanderung, und die nach allen Richtungen Zerstreuten schlossen sich meist den Protestanten an. Auch später noch dauerten dergleichen Auswanderungen von in Böhmen und Mähren im Stillen zurückgebliebenen Brüdern fort und hatten 1722 die Stiftung der Brüdergemeine (s.d.) zur Folge.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 23-24.
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